Nach dem Mega-Blackout: Auch Netzwerke sind kritische Infrastrukturen

Der Mega-Blackout auf der Iberischen Halbinsel hat uns die Abhängigkeit von der Stromversorgung vor Augen geführt. Betroffen von einem Stromausfall können auch Netzwerke und Rechenzentren sein. Investitionen in Rechenzentren sind wichtig, aber genauso wichtig ist es, sie miteinander zu verbinden. Ein Gastkommentar.

Blick ins Innere eines Rechenzentrums. (Bild: Equinix)

Der grosse Stromausfall auf der Iberischen Halbinsel hat es gezeigt, unsere Digitale Welt ist fragil. Trotz Stromausfall: Die Rechenzentren von Equinix in Spanien und Portugal waren zu jeder Zeit voll funktionsfähig. Bei einer Unterbrechung der Stromversorgung durch das Stromversorgungsunternehmen schalten sich die Notstromsysteme ein und tragen die Lasten weiter, bis die Stromversorgung wiederhergestellt ist.

Rechenzentren sind kritische Infrastrukturen

Rechenzentren sind für die Gesellschaft genauso wichtig geworden wie z.B. Wasseraufbereitungsanlagen oder Kraftwerke. Es ist erfreulich zu sehen, dass Regierungen auf der ganzen Welt diese Tatsache nicht nur anerkennen, sondern auch danach handeln, wie z. B. in der Schweiz, wo Rechenzentren als kritische Infrastruktur eingestuft werden.

Es ist jedoch wichtig zu erkennen, dass Rechenzentren nur ein Teil der digitalen Infrastrukturgleichung sind und nicht als Dateninseln funktionieren. Unsere digitale Welt ist von Natur aus vernetzt, und viele der Anwendungen, auf die wir angewiesen sind, werden nicht von einem einzigen Rechenzentrum aus betrieben. Sie erfordern viele verteilte Rechenzentren am digitalen Edge, in der Nähe von Datenquellen und Endnutzern, und diese Rechenzentren müssen miteinander verbunden sein.

Investitionen in einzelne Rechenzentren sind wichtig, aber sie reichen nicht aus. Wir brauchen auch eine robuste Netzinfrastruktur, um unsere vernetzte Gesellschaft zu ermöglichen. Diese Netzinfrastruktur ist genauso wichtig wie die Rechenzentren selbst, denn ohne sie könnten wir das Potenzial dieser Rechenzentren nicht voll ausschöpfen.  

Rechenzentren können das intelligente Zeitalter ermöglichen, aber nicht ohne Konnektivität

Wir leben am Beginn einer neuen Ära: dem intelligenten Zeitalter (the Intelligent Age), das von der digitalen Technologie und ihrem massiven Einfluss auf die Gesellschaft geprägt ist. Um diesen Wandel besser einzuordnen, können wir auf einen ähnlichen Zeitraum in der Geschichte zurückblicken: die industrielle Revolution.

Die industrielle Revolution war geprägt von der Entstehung neuer Fabriken, die zu einem enormen Produktivitätsanstieg führten, aber die Fabriken allein reichten nicht aus. Die Hersteller benötigten ein globales Schifffahrtsnetz, um die Rohstoffe zu den Fabriken und die fertigen Produkte zu den Märkten zu bringen. Andernfalls stünden die Fabriken auf einem Kontinent still und die Lager auf einem anderen wären überfüllt.

Die heutigen Rechenzentren spielen eine ähnliche Rolle. Genau wie diese Fabriken wären Rechenzentren nicht in der Lage, ohne einen ständigen Strom von Rohstoffen – in diesem Fall Daten – zu funktionieren. Anstelle von Schiffen und Häfen sind sie auf eine globale Netzwerkinfrastruktur angewiesen, um Daten aus einer Vielzahl von Quellen zu übertragen, darunter Endnutzer, IoT-Devices und andere Rechenzentren.

Hochleistungsrechenzentren sind vernetzte Rechenzentren

Globale Netzwerkkonnektivität ist ein Teil dessen, was echte high-performance Data Center ausmacht. Im Gegensatz dazu sind on-premises Rechenzentren oft isoliert. Diese konventionellen RZs wurden für eine andere Zeit gebaut, lange vor dem Aufkommen datenintensiver Anwendungen wie KI. Unternehmen, die sich weiterhin auf diese Rechenzentren verlassen, haben möglicherweise Schwierigkeiten, Ökosystempartner wie Cloud- und Netzwerkdienstleister zu erreichen. Sie müssen sich in einer komplexen und sich ständig verändernden digitalen Welt alleine durchschlagen.

Leistungsstarke Colocation-Rechenzentren bieten Zugang zu Ökosystemdiensten, die das Leben leichter machen, sei es die Flexibilität und Skalierbarkeit einer Multi-Cloud-Infrastruktur oder die globale Reichweite und Zuverlässigkeit eines umfangreichen Portfolios von Netzwerkdienstleistern. Diese Data Center bieten auch skalierbare, private Interconnection-Services, die es Unternehmen ermöglichen, sich problemlos mit ihren Ökosystempartnern zu verbinden und ihre Daten dorthin zu bewegen, wo sie benötigt werden.

Viele Unternehmen sehen sich auch mit der Herausforderung neuer Anforderungen an die Datenhoheit konfrontiert. Sie haben Datensätze, die in ihrem Herkunftsland verbleiben müssen, und benötigen daher Rechenzentren in diesen Ländern. Das traditionelle „Hub-and-Spoke“-Modell der digitalen Infrastruktur, bei dem alle Daten in Rechenzentren an einigen wenigen zentralen Standorten zusammengeführt werden, funktioniert in dieser neuen Realität nicht mehr. Stattdessen benötigen die Unternehmen viele Rechenzentren an vielen Standorten, die alle miteinander verbunden sind. Dies bietet die Flexibilität, bestimmte Datensätze innerhalb bestimmter Grenzen zu speichern, während andere Datensätze frei in der Welt verschoben werden können.

Die Einführung von KI unterstreicht die Bedeutung einer verteilten digitalen Infrastruktur

Der Bedarf an verteilten Rechenzentren ist nicht neu, aber das Aufkommen fortschrittlicher KI-Anwendungsfälle in den letzten Jahren hat diesen Bedarf noch unterstrichen.

KI-Anwendungen sind von Natur aus stark verteilt. KI-Trainingslasten und KI-Inferenz-Workloads haben unterschiedliche Infrastrukturanforderungen und werden daher am besten von verschiedenen Rechenzentren an unterschiedlichen Standorten unterstützt. Diese verschiedenen Data Center sind auf eine robuste Netzwerkinfrastruktur angewiesen, um einen freien Datenfluss zwischen den Verarbeitungsstandorten zu gewährleisten.

Die meisten IT-Verantwortlichen müssen sich nicht regelmässig Gedanken über die KI-Trainingsinfrastruktur machen, zumal viele Unternehmen Modelle von einem Dienstleister erwerben, anstatt ihre eigenen zu trainieren. Die Bereitstellung einer Edge-Infrastruktur für die KI-Inferenz ist jedoch eine Voraussetzung für jedes Unternehmen, das mit KI erfolgreich sein möchte.

Diese Inferenz ist auch kein einmaliger Prozess: Da ständig neue Daten auftauchen, müssen sie im Laufe der Zeit konsistent durchgeführt werden. Diese permanente KI-Inferenz erfordert eine Netzwerkinfrastruktur, die einfach funktioniert, wann und wie sie soll. Daher benötigen Unternehmen zur Unterstützung ihrer KI-Initiativen Zugang zu einer zuverlässigen, belastbaren Netzwerkinfrastruktur auf globaler Ebene.

Zugang zu einer globalen Interconnection-Plattform

Der Gedanke, dass Netzwerke eine kritische Infrastruktur darstellen, ist für uns bei Equinix nichts Neues. Wir haben kontinuierlich investiert, um sicherzustellen, dass wir unseren Kunden die zuverlässige Konnektivität bieten können, die sie benötigen, um in einer sich wandelnden digitalen Welt erfolgreich zu sein. Unsere dedizierten Interconnection-Lösungen ermöglichen es unseren Kunden, das öffentliche Internet mit seinen Leistungs- und Datenschutzproblemen zu umgehen. Stattdessen können sie sich für ein hybrides Netzwerkmodell entscheiden, das sowohl physische Equinix Cross Connects als auch virtuelle Netzwerke mit Equinix Fabric umfasst. Dies hilft ihnen, ihre Anforderungen an Leistung, Sicherheit, Kosteneffizienz und Flexibilität in Einklang zu bringen.

Autor: Roger Semprini ist Managing Director Schweiz des Rechenzentren-Betreibers Equinix.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf m-q.ch - https://www.m-q.ch/de/nach-dem-mega-blackout-auch-netzwerke-sind-kritische-infrastrukturen/

Weitere Beiträge zum Thema