Digitaler Arbeitsplatz: Was die grössten Bremser für Produktivität sind

Eine Studie hat untersucht, was die Produktivität an einem digitalen Arbeitsplatz am meisten einschränkt. Die grössten Frustrationsquellen sind demnach Probleme mit der Konnektivität, die Performance von Anwendungen, Ablenkungen durch Kollegen und die Anforderung, sich für konzentriertes Arbeiten abschotten zu müssen – letzteres bringt mehr als die Hälfte der Mitarbeiter dazu, im Homeoffice ihre Arbeit zu erledigen.

Und wieder funktioniert etwas nicht: Ein digitaler Arbeitsplatz ist häufig Quelle für Frustrationen. (Symbolbild; Unsplash.com)

Ein digitaler Arbeitsplatz ist heute weitgehend Standard. Doch je mehr Technologie, desto grösser zuweilen auch der Ärger. Der Software-Hersteller Nexthink hat nun Ergebnisse seines jüngsten Reports „The Drivers of Digital Employee Experience (DEX)“ vorgestellt. Untersucht wurde, mit welchen Störungen und Problemen im IT-Erlebnis Arbeitnehmer konfrontiert sind. Klar wurde, dass zumeist IT und Kollegen frustrierende Unterbrechungen im Arbeitsablauf verursachen.

Digitaler Arbeitsplatz und menschliche Ablenkungen

93 Prozent von über 1.000 Arbeitnehmern gaben an, dass Technologie am Arbeitsplatz die Produktivität in der einen oder anderen Weise beeinträchtigt. Das am häufigsten genannte „technische Problem“, das die Produktivität und konzentriertes Arbeiten stört, sind „menschliche Ablenkungen“. Dies ist der Grund, Arbeit zuhause zu erledigen (laut 55 Prozent der Befragten, die angaben, dass zu wenig Raum für konzentriertes Arbeiten bleibt), oder sich für konzentriertes Arbeiten abzuschotten, wie z. B. das Telefon auszuschalten oder Scheinbesprechungen einzutragen (33 Prozent gaben an, diese digitale Selbstverteidigung anzuwenden).

„Was wir im Laufe der Jahre durch unsere Forschung und einzelne Erfahrung herausgefunden haben, ist, dass Technologie oft sowohl die Lösung als auch das Problem ist“, sagt Yassine Zaied, Chief Strategy & Marketing Officer, Nexthink. „Die Frage, die sich Unternehmen stellen sollten, ist, wie IT-Teams diese häufigen Probleme lösen und gleichzeitig die Bedürfnisse der einzelnen Teams mit den berechtigten Interessen des Unternehmens in Einklang bringen können. Technologie ist unser grösstes Kapital, aber ein echtes Verständnis ihrer Schwächen und ihres Potenzials ist entscheidend, um positive digitale Erfahrungen für Mitarbeiter zu gewährleisten.“

Technologie ist nicht alles

Der erwähnte Report hat die Frustrationen anhand einer Umfrage mit mehr als 1.000 Teilnehmern, 20 Einzelinterviews und 86 Tagebucheinträgen einer Untergruppe von Mitarbeitern untersucht, die ihre Probleme mit Technologie dokumentieren. Die Untersuchung ergab auch, dass nur die Hälfte der Befragten der Meinung war, dass die Technologie ein wesentlicher Faktor für mehr Effizienz ist. Von den genannten Störungen waren die Konnektivität und die Performance der Anwendungen die grössten technischen Hindernisse, und diese Beschwerden wurden gleichermassen von Mitarbeitern im Homeoffice oder im Büro genannt. Selbst kurze Unterbrechungen (unter fünf Minuten und zwischen fünf und zehn Minuten) führen laut den Tagebucheinträgen zu hohen Frustrationsraten bei den Mitarbeitern – ein harter Kampf für die IT-Abteilung, um das Vertrauen und die Wertschätzung der Mitarbeiter zu gewinnen. Auf die Frage, warum Mitarbeiter zögern, sich mit einem Problem an die IT-Abteilung zu wenden, lauteten die vier häufigsten Antworten:

  • Angst vor einem langwierigen Support-Prozess
  • Ungewissheit, ob das technische Problem nur sie selbst betrifft oder ob es auch ein eigener Fehler sein könnte
  • Befürchtung, dass das Problem zu geringfügig ist, trotz der Frustration, die es verursacht
  • Annahme, dass die IT-Abteilung sowieso nicht helfen kann.

Wenig überraschend stellt der Bericht fest, dass die Mitarbeiter umso zufriedener waren, je besser Technologie ihre Produktivität unterstützt.

(Grafik: Nexthink)

Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass 20 Prozent der Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz wegen einer schlechten IT-Erfahrung aufgeben würden. Da Technologie und wie sie erlebt wird sowohl für die Produktivität als auch für die allgemeine Zufriedenheit der Mitarbeiter und den Return-on-Investment entscheidend seien, sei es für die IT-Abteilung unerlässlich, hier einen Fokus zu setzen, so eine Erkenntnis der vorliegenden Untersuchung.

Quelle: Nexthink

IT-Führungskräfte: Tempo des digitalen Wandels verschärft Fachkräftemangel

Der Mangel an Bewerbern mit ausreichenden IT-, Cloud-Computing- oder KI-Kenntnissen verschärft die Probleme bei der Personalbeschaffung weiter, da die digitalen Anforderungen weiter steigen und die Unternehmen nach alternativen Talentpools suchen müssen. Dies zeigte eine unabhängige Studie unter 2900 IT-Führungskräften weltweit.

IT-Führungskräfte stellen fest: Die schnell fortschreitende digitale Transformation verschärft den Fachkräftemangel weiter. Umschulungsprogramme sollen Lücken schliessen. (Bild: Equinix)

Eine von Equinix, einem globalen Unternehmen für digitale Infrastruktur, in Auftrag gegebene Umfrage hat ergeben, dass sich IT-Führungskräfte weltweit ernsthafte Sorgen um die Bindung und Einstellung von Mitarbeitenden machen. Laut der Equinix 2022 Global Tech Trends Survey sehen 62 % der IT-Entscheidungsträger weltweit (54 % in der Schweiz) den Mangel an IT-Fachkräften als eine der grössten Bedrohungen für ihr Unternehmen an. Organisationen – darunter auch Equinix – versuchen, den Talentpool zu erweitern und durch alternative Rekrutierungsmassnahmen eine grössere Vielfalt an Kandidaten zu gewinnen. Die 2’900 Befragten – darunter 100 aus der Schweiz – räumten ein, dass die Geschwindigkeit, mit der sich die Technologiebranche wandelt, die Unternehmen vor die Schwierigkeit stellt, Mitarbeitende mit den richtigen Qualifikationen zu finden, um aktuelle und zukünftige Herausforderungen zu meistern.

Viele Bewerber mit falschen Qualifikationen

Die häufigsten Bedenken waren, dass sich Kandidaten mit falschen Qualifikationen auf Stellen bewerben (44 % weltweit und in der Schweiz) und dass die derzeitigen Talente gehalten werden müssen (44 % weltweit und 47 % in der Schweiz). Dabei sind IT-Fachleute (27 % global / 25 % in der Schweiz), Cloud-Computing-Spezialisten (26 % global / 17 % in der Schweiz) sowie KI- und Machine-Learning-Fachkräfte (26 % weltweit und in der Schweiz) die am meisten gefragten Fachkräfte. Weiterer Mangel besteht in den Bereichen Datenanalyse (21 % global / 17 % lokal), Datenschutz (21 % global / 19 % lokal), Entwicklung von Sicherheitssoftware (19 % global / 9 % in der Schweiz) sowie Sicherheitsanalyse (18 % global / 21 % lokal). IT-Führungskräfte gehen davon aus, dass die Lücken bei den technischen Fähigkeiten in Zukunft ähnlich bleiben werden, wobei KI und maschinelles Lernen noch stärker in den Vordergrund rücken wird.

Keri Gilder, CEO Colt Technology Services, erläutert: «Die Suche nach den richtigen Qualifikationen ist ein echtes Problem in der Technologiebranche, insbesondere im Softwarebereich. Die Realität ist, dass mit der Softwarization von Dienstleistungen alle Branchen die gleichen Fachkräfte suchen. Eine der Herausforderungen ist das mangelnde Bewusstsein junger Talente für die Möglichkeiten, die der Technologiesektor bietet. Konnektivitäts-Anbieter kommen in vielen Anwendungsfällen nicht vor – auch nicht auf Universitätsebene –, obwohl in Bereichen wie Unterwasser-, Satelliten- und Glasfasertechnik viel getan wird. Wir müssen gemeinsam über Talente nachdenken und als Branche daran arbeiten, all jene, die auf eine Chance warten, auch einzubeziehen.»

Mit Umschulungen gegen den Fachkräftemangel

Als Reaktion auf den Fachkräftemangel bemühen sich viele Unternehmen intensiv um die Umschulung von Mitarbeitenden aus anderen Bereichen. So gaben 62 % (39 % in der Schweiz) an, dass sie Arbeitnehmende aus ähnlichen Branchen umschulen, während 34 % (21 % lokal) versuchen, ihre Belegschaft mit Mitarbeitenden aus branchenfremden Bereichen aufzustocken. In Anbetracht jüngster Entlassungen und Freistellungen, die Arbeitnehmende dazu veranlassen können, nach Möglichkeiten zu suchen, ihre Fähigkeiten oder ihre Karriere zu verbessern, könnten Technologieunternehmen, die Schulungs- und Entwicklungsmöglichkeiten anbieten, besser positioniert sein, um Talente anzuziehen.

Die häufigsten Quellen für umgeschulte Arbeitskräfte sind Verwaltung und Unternehmensunterstützung (36 % global / 21 % in der Schweiz), Finanz- und Versicherungswesen (33 % global / 25 % lokal) sowie Personen, die nach einer Abwesenheit in den Beruf zurückkehren (30 % global / 13 % lokal). Diese umgeschulten Arbeitskräfte können Unternehmen helfen, Lücken im technischen Bereich zu schliessen, indem sie als IT-Fachleute (51 % global / 48 % lokal), im Bereich Cloud Computing (36 % global / 30 % lokal) und in der Datenanalyse (35 % global / 24 % lokal) arbeiten. Auch der Studien-Auftraggeber Equinix bietet im Rahmen seines Career-Pathways-Portfolios eine Reihe von Programmen für den beruflichen Übergang oder Karrierewechsel an.

IT-Führungskräfte: „Investitionen in Talente zahlen sich aus“

Unternehmen versuchen auch, über Hochschul- und Ausbildungsprogramme neue Mitarbeitende zu gewinnen. IT-Führungskräfte auf der ganzen Welt gaben an, dass ihre Unternehmen bei der Zusammenarbeit mit Hochschuleinrichtungen vor allem Praktika für Studenten anbieten (42 % / 38 % in der Schweiz), gemeinsame Schulungsprogramme mit Hochschuleinrichtungen durchführen (41 % global / 25 % lokal), an Karrieremessen von Hochschulen teilnehmen (37 % / 24 % lokal) und Partnerschaften für Ausbildungsprogramme eingehen (34 % / 26 % lokal).

Roger Semprini von Equinix Schweiz ist überzeugt, dass Investitionen in Talente sich auszahlen. (Bild: Equinix)

Roger Semprini, Managing Director, Equinix, Schweiz: «In Menschen und Talente zu investieren, zahlt sich immer aus, besonders in ungewissen Zeiten. Jetzt, wo sich wirtschaftliche Unsicherheiten abzeichnen, ist der erste Instinkt mancher Unternehmensleiter, an Dingen zu sparen, die nicht ‹überlebenswichtig› sind, wie die Einstellung neuer Mitarbeitenden oder Investitionen in ihre berufliche Entwicklung. Aus unserer Sicht ist diese Mentalität kurzsichtig. Wir investieren in grossem Umfang in Talente.» Brandi Galvin Morandi, Chief Legal and HR Officer bei Equinix: «Die Umfrage zeigt, dass unangepasste Qualifikationen die Talentakquise in technologieorientierten Teams weltweit behindern. Es besteht ein allgemeiner Mangel an Verständnis für die spezifischen Fähigkeiten, die für bestimmte Rollen erforderlich sind, und potenzielle Kandidaten benötigen eine bessere Anleitung in Bezug auf Ausbildung, Vorbereitung und Beschäftigungsmöglichkeiten. Diese Herausforderung gibt unserer Branche die Möglichkeit, Talente auf andere Art und Weise zu rekrutieren und zu entwickeln, und das ist etwas, an dem wir in den letzten Jahren gearbeitet haben. Wir sind der Meinung, dass Unternehmen einen progressiven Talententwicklungsplan für Positionen im technischen Bereich fördern sollten, der sowohl unerfahrene als auch ausgebildete Kandidaten anspricht.»

Quelle: Equinix

Ausnahmezustand im Schweizer Aussenhandel

Ukraine-Krieg, steigende Rohstoffpreise und mögliche Energieengpässe – der Aussenhandel der Schweizer Handelsbranchen ist zu 77 bis 93 Prozent von diesen parallelen Krisen betroffen. Trotzdem konnten in den vergangenen Monaten die Hälfte der Handelsbranchen den Umsatz im Aussenhandel steigern.

Der Schweizer Aussenhandel befindet sich quasi in einem dauernden Ausnahmezustand. Doch viele Handelsunternehmen sind dank Agilität erfolgreich unterwegs. (Symbolbild; Pixabay.com)

Schweizer Händler sind im Krisensog: So in etwa lassen sich die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage des Dachverbands Handel Schweiz unter seinen 33 Mitgliedsverbänden zusammenfassen. In der Tat stehe der weltweite Handel auf dem Prüfstand, heisst es dazu in einer Mitteilung des Verbands: Ukraine-Krieg, Covid-Strategie der Chinesen, Sanktionen im russischen Wirtschaftsraum, die Bestrebungen der USA, die technologische Abhängigkeit von China zu reduzieren, die geplante weitere Digitalisierung der chinesischen Wirtschaft und Gesellschaft sowie der Aufbau neuer Energie-Infrastrukturen in Europa – all diese Entwicklungen würden parallel die Transformation des globalen Handels vorantreiben. Rudolf O. Schmid, seit Juni 2022 Präsident von Handel Schweiz, betonte am Mediengespräch des Dachverbands des Schweizer Handels: «Die Schweiz und ihre Händler sind aufgefordert, sich in den veränderten Handelsstrukturen zu bewegen und anzupassen. Als kleines Land profitiert die Schweiz vom grossen Vorteil, den Abschottungen nur teilweise zu unterliegen.» Das zeigen auch die aktuellen Zahlen. Für das dritte Quartal 2022 stiegen die Exporte insgesamt um 1,3 Prozent. So wurden 4,9 Prozent mehr Uhren exportiert. Während im Export nach Europa ein Minus von 4,4 Prozent verzeichnet wurde, stieg jener nach China um 19,3 Prozent. Auch die Prognosen lassen die Schweizer Händler hoffen. Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich erwartet für das Jahr 2022 eine Steigerung des BIP um 2,3 Prozent sowie eine sinkende Inflation ab Mitte 2023; diese sollte bis zum Jahresende 2023 nur noch bei 2 Prozent liegen. Kaspar Engeli, Direktor von Handel Schweiz, erklärte die trotz «Ausnahmezustand» relativ stabile Lage im Schweizer Aussenhandel: «Der Krisenmodus ist für viele im globalen Handel tätigen Firmen bis zu einem gewissen Grad der Normalfall.»

Umfrage unter 33 Mitgliederverbänden im Handel

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass in den vergangenen Monaten die Hälfte der Handelsbranchen den Umsatz im Aussenhandel um bis zu 50 Prozent erhöhen konnte. Knapp ein Drittel beklagt einen Einbruch von bis zu 20 Prozent. Die durch den Ukraine-Krieg, steigende Rohstoffpreise und mögliche Energieengpässe ausgelösten Krisen wirkten sich unterschiedlich stark auf den Aussenhandel aus. 93 Prozent der Handelsbranchen waren mit den Auswirkungen der höheren Rohstoffpreise konfrontiert. Der Ukraine-Krieg und die zukünftigen Energieengpässe verändern den Aussenhandel jeweils in 77 Prozent der Firmen. Knapp ein Drittel der Händler spart bereits Energie ein oder baut alternative Energielösungen auf. Die drei Krisenbereiche führen vor allem zu Mehraufwand in den Handelsfirmen und zu Problemen auf den Lieferketten. Dem wirken die Händler nach wie vor mit grösseren Lagern entgegen, was den Liquiditätsbedarf in der ohnehin kapitalintensiven Handelsbranche weiter erhöht.

Trotz Ausnahmezustand im weltweiten Handel sind Schweizer Handelsunternehmen recht gut unterwegs. (Grafik: Handel Schweiz)
Als weitere Herausforderung kommt die Energieknappheit hinzu. (Grafik: Handel Schweiz)

Mehrere Rollen im weltweiten Handel

Der dauernde Ausnahmezustand zwingt Händler zu Agilität. Dies weiss auch Hans Christian von der Crone. Der Inhaber und CEO der 10-köpfigen Nimex AG in Adliswil ist ein Vollbluthändler mit globalem Netzwerk. Er erklärt die Robustheit des krisenerprobten Schweizer Handels auch mit den eingespielten Strukturen: «Im Handel sind sehr viele inhabergeführte Familienunternehmen unterwegs. Sie geben die Erfahrungen von Generation zu Generation weiter. Langjährige Kontakte zu Handelspartnern in aller Welt sind ein zweiter Erfolgsfaktor, der auch in unsicheren Zeiten zu mehr Resilienz verhilft. Nimex tauscht sich ständig global aus. So finden wir neue Produkte und landen immer wieder echte Verkaufshits. Was gleich bleibt, ist eine gewisse Vorsicht. Schweizer Händler können im Ausland nicht mit Grösse trumpfen. Aber wir sind bekannt dafür, dass wir uns in die Mentalität des anderen hineinfühlen können und einen respektvollen Umgang pflegen.» Zu den Kerngeschäften von Nimex zählen Uhren und Schmuck sowie Spielzeug. In den beiden Kerngeschäften ist Nimex insgesamt weltweit mit über 100 Partnern in Kontakt. Die Modeuhren sowie der Schmuck werden an mehreren Orten produziert wie in Thailand, Taiwan oder China. Traditionelle Spielzeuge wie Autos, Puppen und Zubehör, Sammelartikel und Plüsch machen rund 70 Prozent des Spielwaren-Sortiments aus. Hier kommen rund 70 Prozent der Waren aus China. Nimex stellt auch selbst Produkte her bzw. lässt sie produzieren; sei es in Europa wie zum Beispiel in Portugal oder in Fernost. So lanciert das Unternehmen seit Jahren Swiss Made-Uhren mit lokalen Produzenten. Die Swiss Made-Uhren werden dann zu 95 Prozent weltweit verkauft. Die Preise liegen im Bereich von CHF 150 bis 500. Der Inhaber von Nimex erklärt: «Unsere Uhren stehen, wenn Swiss Made, für Schweizer Qualität, doch sind sie trotzdem ‘Massenprodukte’. Sehr viele Menschen in zahlreichen Ländern sind stolz, sie sich leisten zu können.» Zudem besitzt Nimex Lizenzen für Merchandising-Produkte. Eines der prominentesten ist die inzwischen 90-jährige Marke Globi. Globi oder zum Beispiel die Disney-Prinzessinnenpuppe sind Dauerbrenner, die seit Jahren gut verkauft werden. Angesichts des Wechsels in den Märkten, den knappen Rohstoffen und der Energiekrise plant Nimex heute noch vorausschauender. Bestellt wird früher. Die geopolitischen Veränderungen haben bei Nimex zu keinen Umsatzeinbussen geführt. Die höheren Transportkosten vor allem bei den grösseren Produkten wie Trampoline schlagen zu Buche. Beim Schmuck sind die Mehrkosten unerheblich. Bei z.B. 10’000 Plüschtieren in 20 Containern können die Mehrkosten mit minimen bis gar keinen Preiserhöhungen aufgefangen werden.

Sitz in Hongkong, Produktion in China, Europalager in Grossbritannien

Einer der langjährigen Handelspartner von Nimex ist Herald Holdings mit Sitz in Hongkong. Das Unternehmen wurde Mitte der 1950er Jahre durch die Familie des heutigen Verwaltungsratspräsidenten Robert Dorfman und einer zweiten Familie aus Hongkong-China gegründet. Dorfman war am Online-Mediengespräch aus Hongkong zugeschaltet, Er erläuterte das Zusammenspiel der beiden Familien: «Wir bringen westliche Management- und Marketingtechniken mit, und sie ein grosses Wissen über China und die Produktionsbasis.» Für den grössten Kunden, den US-amerikanischen Spielwarenhersteller Hasbro werden Actionfiguren wie Star Wars und Avengers produziert. Während Herald zu Beginn in Hongkong produzierte, wurde in den 1980er Jahren die Herstellung in das kostengünstigere China verlagert, zunächst über Subunternehmen, später in eigene Fabriken. Obwohl China längst nicht mehr das günstigste Land ist, kommt für Herald die Abwanderung nach Indonesien, Indien oder Vietnam nicht in Frage, wie Robert Dorfman erläuterte: «Die Nähe zu Hongkong sowie die kulturelle und sprachliche Nähe machen es möglich, Fabriken in China einigermassen gut zu betreiben. Ein fast unbegrenztes Angebot an Arbeitskräften, leicht verfügbares Land und die vielleicht beste Infrastruktur aller Produktionsländer der Welt verschafft China einen grossen Vorteil. Herald hat die Verlagerung der Produktion geprüft, doch sich für den Verbleib in China und die möglichst grosse Automatisierung des Herstellungsprozesses entschieden.» Der Handel mit europäischen Partnern läuft über eine Tochtergesellschaft in Grossbritannien, die auch ein grosses Lager unterhält. So kann zum Beispiel Nimex AG kurzfristig Waren liefern lassen.

Die Herausforderungen von Herald ähneln jenen der Schweizer Händler: gestörte Lieferketten, steigende Kosten für Rohstoffe und der Mangel an Chips. Entspannung zeigt sich beim Strommangel. Zudem hat Herald das Lager an Rohstoffen und Waren ausgebaut, was dank der gesunden Finanzlage möglich ist, trotz der nun längeren Zahlungsfristen. Der Verwaltungsratspräsident der Herald Holdings stellt fest: «Die Welt ist im Moment einfach ein Chaos; Beziehungen sind überall brüchig. Auch wenn das politische Geschrei zwischen den Ländern immer lauter wird, geht der Handel weiter. Der Handel ist eine Notwendigkeit.» Nachhaltigkeit ist der Unternehmensgruppe wichtig. Man setzt auf recycelbare Rohstoffe, sei es Kunststoff oder Metall. Viel Arbeit wurde in umweltfreundliche Verpackungen investiert. Robert Dorfman betont: «Wir sind ein verantwortungsvoller Hersteller und sorgen für faire Arbeitsbedingungen, was zum Beispiel Belüftung, Unterkünfte und Essen angeht. Wären wir nicht diese Art von Unternehmen, könnten wir einfach nicht mehr im Geschäft sein.»

80 Prozent der Neukunden kennen sich mit Freihandelsabkommen nicht aus

In der Nord-Transport AG aus Arlesheim kümmern  sich 35 Mitarbeitende um Transporte innerhalb von Europa und nach Übersee sowie um Zoll und Logistik. Pro Jahr werden bis zu 25’000 Aufträge abgewickelt. Dabei geht es zum Beispiel um Spielwaren, Sportartikel wie Trampoline oder Tretroller, aber auch um Steine, Marmor für Bankengebäude, Holzplatten für Tische – das ganze Spektrum an Handelswaren. Mit Nimex AG arbeitet Nord-Transport AG seit bald 30 Jahren zusammen. Pascal Felten ist Geschäftsleitungsmitglied von Nord-Transport und erklärt: «Nimex ist für mich ein Beispiel für einen Kunden, der mittel- und langfristig plant und vorausschauend zusammenarbeitet.»

Freihandelsabkommen sind für Handelsunternehmen ein «absoluter Enabler», weiss Pascal Felten aus täglicher Erfahrung. Für Nord-Transport sind sie ein administrativer Vorteil, denn die Zollprozesse werden vereinfacht. Zudem sind sie ein Marketing-Instrument. Pascal Felten: «Anhand der Seco-Statistiken sehen wir, dass immer noch bis zu CHF 400 Mio. für Zölle auf Waren aus Ländern mit Freihandelsabkommen erhoben wurden. Das liegt zum Teil an den komplizierten und ständig wechselnden Bestimmungen. Unsere Fachkräfte sind speziell aus- und weitergebildet. Trotzdem brauchen sie eine gewisse Zeit, um sich in die formalen Anforderungen der Freihandelsabkommen einzuarbeiten. 80 Prozent unserer Neukunden – meistens KMU – kennen sich in den Freihandelsabkommen nicht aus. Hier können wir wertvolle Unterstützung bieten.» Für Nord-Transport bestimmen Probleme auf den Lieferketten den Alltag. Pascal Felten gibt Beispiele: «Die Verzögerungn werden durch Servicestörungen in den Reederei-Liniendiensten ausgelöst. Bis Juni dieses Jahres ist nur eines von zehn Schiffen pünktlich angekommen; die restlichen 90 Prozent hatten mindestens drei Tage Verzögerung. Ein weiteres Problem sind die hohen Seefrachtraten, die sich zeitweise verzehnfacht hatten.» Beim Diesel oder anderen ölbasierten Betriebsmitteln betrifft die Energiekrise Nord-Transport direkt. Wenn immer möglich, setzt die Firma auf erneuerbare Energien sowie langfristige Kooperationen mit Subunternehmen und sucht nicht nur den günstigsten Preis. Pascal Felten: «Wir arbeiten nach Möglichkeit mit Partnern zusammen, die auch alternative Treibstoffe bzw. Elektroantriebe und Wasserstoffantriebe einsetzen. Auf der Seite der Reedereien bevorzugen wir Partner, die ihre Flotte nachhaltig betreiben und zukunftsorientiert planen.»

Weltweiter Handel mit Medizinaltechnik

Jil Bachmann hat in diesem Jahr als beste Lernende bei 7S Medical International eine verkürzte Lehre KV-Branche Handel abgeschlossen. Für die Lehre hat sie sich nach dem Bachelor in Politikwissenschaften und Geographie entschieden, da sie sich nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch mit dem Aussenhandel auseinandersetzen wollte. 7S Medical International ist ein Subunternehmen der Stöckli Group. und ein Medizinaltechnik-Unternehmen, welches sich auf die Orthopädie spezialisiert hat. Weltweit wird mit Implantaten wie Platten, Schrauben, Nägeln und Knochenersatzprodukten gehandelt. Diese werden zusammen mit dem passenden Instrumentenset bei der Versorgung von Frakturen eingesetzt. Ein typisches Produkt ist Herakles – ein Oberschenkelhals-Nagel, der vom Lieferanten ausschließlich für 7S produziert wird. Oberschenkelhalsfrakturen gehören weltweit zu den häufigsten Indikationen. Die von 7S vertriebenen Produkte werden unter anderem in China und Portugal hergestellt. Vom Standort der Hersteller gelangen sie in das zentrale Lager in Belgien. Die Bestellungen bei den Lieferanten und die Auslieferungen an die Kunden werden von der Schweiz aus in Oberkirch koordiniert. Jil Bachmann erklärt, warum das Lager in Belgien angesiedelt ist: «Einer der Gründe ist, dass in Belgien weitaus weniger Medizinprodukte patentiert sind als in anderen Staaten der EU. Von Belgien aus liefern wir unsere Produkte zum Beispiel nach Ungarn, Serbien, Slowenien, Kroatien, Malaysia, Panama oder auch Saudi-Arabien.» In den vergangenen Jahren haben die stockenden oder zusammengebrochenen Lieferketten 7S immer wieder stark beschäftigt. So brachte beispielsweise Stromknappheit in den Produktionsstätten in China ganze Abläufe durcheinander. Kunden hatten für Auslieferungsverzögerungen wenig bis kein Verständnis. Denn die Spitäler hatten Operationen geplant und waren auf die entsprechenden Produkte angewiesen. In den vergangenen Monaten kam es zudem zu Preiserhöhungen, die ab 2023 an die Kundschaft weitergegeben werden. Mit allen Distributoren hat 7S das direkte Gespräch gesucht und eine Vereinbarung treffen können.

Produktion in der Schweiz, Export nach China

Der 18-jährige Thomas Stjelja hat ebenfalls als einer der besten diesjährigen Lernenden die KV Lehre Branche Handel abgeschlossen. Sein Arbeitgeber ist die SFS Group in Heerbrugg, ein weltweit führender Anbieter von Präzisionsformteilen, mechanischen Befestigungssystemen, Qualitätswerkzeugen sowie Logistiksystemen. Die Produkte erfüllen oft unsichtbar erfolgskritische Funktionen in technischen Geräten wie Autos, Smartphones oder Flugzeugen. Während der Lehre gewann der angehende Betriebswirtschaftler auch einen Einblick in den Aussenhandel. So hat er im Export persönlich miterlebt, was unterbrochene Lieferketten im Alltag bedeuten. Er erklärt: «Wir exportieren von unseren Schweizer Produktionsstandorten aus rund 70 Prozent in europäische Länder. Nach China liefern wir zum Beispiel die weltweit kleinsten gewindefurchenden Miniaturschrauben für Hörgeräte mit einem Durchmesser von 0,5 mm. Während der Covid-Pandemie kamen wegen des geschlossenen Hafens in Shanghai und diversen Lockdowns in China unsere Schrauben nicht rechtzeitig an und konnten nicht ausgeliefert werden. Beim chinesischen Produzenten wurde die Produktion stark verzögert, was zu verspäteten Auslieferungen an die Endverbraucher führte. Zeitweise standen die Maschinen still; dies bei mehreren Kunden.»

Quelle: Handel Schweiz

Schwere Kost und Gegenwind in der Höhle der Löwen

Eine wiederum vielfältige Sendung war die 6. Folge von «Die Höhle der Löwen Schweiz» vom 8. November 2022. Während zwei Unternehmen aus dem Food-Bereich und eine eigentlich tolle Energie-Lösung keinen Deal fanden, liessen sich die Löwinnen und Löwen dafür von alternativen Anlagen begeistern.

Mario von Bergen, Robin Muster und Aurelio Perucca präsentieren ihre Investmentplattform für alternative Anlagen und holten dafür ein Investment von 500’000 Franken ab. (Bild: Filip Stropek / CH Media)

Haben Sie auch schon überlegt, ob Sie Ihr Geld nicht alternativ anlegen möchten? Falls ja, dann wäre wohl «Splint Invest» ein Thema. «Splint Invest» ist eine App, mit der jeder und jede in Luxusartikel oder Sammelobjekte investieren kann, z.B. in Uhren, exklusive Weine oder limitierte Whiskey-Flaschen. Das Mindest-Investment beträgt 50.- Franken, der Investitionszeitraum drei bis zwölf Jahre. Verkauft ein Kunde ein Objekt gewinnbringend, profitieren auch die Gründer davon, welche sich davon tiefe Löhne auszahlen. Die drei Firmengründer Mario von Bergen, Robin Muster und Aurelio Perucca aus Zug sehen in ihrer App eine Alternative zu konventionellen Geldanlagen, wo derzeit die Renditen eher klein ausfallen. Alternative Anlagen in wertbeständige Dinge wie eben exklusive Luxusgüter sollen nicht mehr nur den Reichen vorbehalten sein, so die Idee. 10 bis 12 Prozent Renditen sollen möglich sein. Mit 200’000 Franken Kapitalbedarf gegen 2 Prozent Firmenanteile stiegen die drei ins Rennen. Dann folgten wie gewohnt die kritischen Fragen der Löwinnen und Löwen, etwa nach der Verwaltung und Lagerung dieser Vermögenswerte. Und auch die Anzahl Kunden und Assets interessierte natürlich die potenziellen Investoren. Nur: Die App war bei Aufzeichnung der Sendung erst sechs Monate live, aber immerhin waren schon 4000 Downloads zu verzeichnen. Etwa 250 User haben insgesamt 250’000 Franken investiert, im anschliessenden Quartal soll das angelegte Vermögen auf 2 Millionen anwachsen, so die Prognosen. Auch wenn Mario, Robin und Aurelio auf alle Fragen eine nachvollziehbare Antwort parat hatten, blieben die Löwen zurückhaltend. Roland Brack stieg als erster aus. Lukas Speiser fand den Gedanken spannend, Anja Graf würde aber das Geschäftsmodell anders aufziehen: Besser die Luxusgüter selbst einkaufen. Sie stieg dann aus dem Bieterrennen aus. Lukas Speiser, Jürg Schwarzenbach und Patrick Mollet besprachen sich zu dritt, fanden die Bewertung von 10 Millionen aber zu hoch. Sie erklärten sich aber für einen «Kickstart» von 500’000 Franken gegen 7,5 Prozent bereit. Es folgte dann sofort das Gegenangebot der Firmengründer: 500’000 gegen 6 Prozent. Lukas Speiser beharrte aber auf den 7,5 Prozent. Nach kurzem Zögern stiegen Mario, Robin und Aurelio dann doch noch ein. Einmal mehr zeigte sich, dass interessante Finanz-Anlagelösungen in der Höhle der Löwen auf Anklang stossen. Roland Brack ist bekanntlich in mehrere solcher Finanz-Startups investiert, u.a. auch in «Findependent» aus der letzten Staffel. Darüber wurde in der aktuellen Sendung ebenfalls noch kurz berichtet, auch darüber, dass auch Lukas Speiser nachträglich noch in den Verwaltungsrat berufen wurde.

Vegane Schokolade als zu schwere Kost für Investments

CAROPHA – Schokolade, die keine ist. Damit gingen Philipp Kern, Rebecca Reichertz und Nora Zejnullahu-Maliqi aus Rorschach (SG) in die Höhle der Löwen. Das Produkt, das sie präsentierten, sieht zwar aus wie wie Schokolade und schmeckt genauso – zum Erstaunen der Löwinnen und Löwen; «faszinierend», so etwa Tobias Reichmuth. Eine Tafel Caropha besteht aus den Früchten des Johannisbrotbaums und ist vegan. Sie enthält weder Allergene noch Koffein, Theobromin, Kristallzucker oder Cholesterin. 40 Jahre lang habe die Rezeptur in der Schublade des gelernten Bäcker-Konditors und Confiseurs Philipp Kern gelagert, wie er erzählte. Zehn Prozent Firmenanteile boten die Drei gegen ein Investment der Löwinnen und Löwen – ohne zunächst eine Summe zu nennen. 400’000 Franken wurde dann als Information noch nachgeliefert. «Das ist eine Hausnummer», konstatierte Bettina Hein launig. Jürg Schwarzenbach fragte dann nach den weiteren Plänen. Derzeit habe man eine Kapazität von 300 Tafeln pro Tag, die Herstellung koste 7.30 Franken, verkauft werde sie zum Preis von 11.50 Franken im Online-Shop, so Philipp Kern. Mit dem Investment von 400’000 Franken wolle man sich eine Produktionsanlage leisten für einen Ausstoss von 800’000 Tafeln pro Jahr. Tobias Reichmuth stellte die Frage in den Raum, ob man mit Caropha nicht auch mit bestehenden Chocolatiers zusammenarbeiten könnte. In der Tat stosse man dort, so Philipp Kern, auf Interesse. Doch Tobias Reichmuth bohrte noch etwas weiter und wollte wissen, wie man die hohe Firmenbewertung von 4 Millionen begründe. Die Antwort überzeugte dann vor allem Bettina Hein nicht: Zu hoch für das bereits Geleistete und zu stark auf Prognosen basierend. Sie verzichtete deshalb auf ein Investment. Jürg Schwarzenbach stieg ebenfalls aus, weil ihm die Firma noch zu wenig weit gediehen schien. Das Problem von Roland Brack war seine fehlende Kenntnis der Foodbranche, auch er stieg deshalb aus. Lukas Speiser würde das Produkt zwar gerne kaufen, doch befand die Firmenbewertung ebenfalls zu hoch. Blieb noch Tobias Reichmuth, seines Zeichens immer interessiert in nachhaltige Produkte. Für ein Investment war er aber ebenfalls nicht bereit, bot aber an, bei der strategischen Entwicklung der Firma Unterstützung zu leisten. Wieder einmal zeigte es sich: Mit einem guten Produkt lässt sich zwar die Herzen der Löwinnen und Löwen gewinnen, doch wenn die Firmenstruktur dahinter (noch) nicht ganz stimmt, ist ein positives Feedback dann halt doch das Einzige, was als «Investment» bleibt. Philipp Kern und seine beiden Mitstreiterinnen waren jedenfalls nicht enttäuscht vom Verdikt.

Produkt mit guten Ansätzen, aber noch zu wenig zu Ende gedacht

VE COOK! – hinter dieser Bezeichnung stehen vegane Cooking Kits, die von Niklas Bubori und Adriana Bubori aus Oberengstringen (ZH) präsentiert wurden. Worum es dabei geht: Um das vegane Kochen zu erleichtern, hat das Start-Up diese Kits für verschiedene Gerichte entwickelt, bestehend aus dem richtigen Fleischersatz, passenden Gewürzen und einer Schritt-für-Schritt-Anleitung für die Zubereitung. Ohne Geschmacksverstärker, ausschliesslich mit natürlichen Zutaten. Wäre eigentlich ganz im Sinne des bekennenden Veganers Tobias Reichmuth, der – wie er erzählte – gerne auch selbst kocht. 200’000 Franken gegen 10 Prozent müsste er investieren, so jedenfalls lautete das Angebot der beiden Jungunternehmer. Doch zunächst ging es ums Probieren, die Löwinnen und Löwen erhielten denn auch eine Kostprobe von Sauce Bolognese (mit Soja-Granulat) und «Chili sans Carne» (mit Erbsen-Bohnen-Granulat als Fleischersatz). Es schien allen zu munden. Allerdings: für die servierten Gerichte mussten diverse frische Zutaten noch extra hinzugefügt werden. Das war ein Umstand, an dem sich vor allem Lukas Speiser etwas störte. Dann ging es aber wie immer auch um Kennzahlen: Das Produkt ist im Handel zum Preis von 5.20 Franken erhältlich. Produziert wird in Deutschland, was Tobias Reichmuth gleich zur Frage veranlasste: Weshalb hat man den wesentlich kleineren Schweizer Markt im Visier? Ohne die Antwort abzuwarten, fällte schon mal Jürg Schwarzenbach sein Verdikt: «Das ist nichts für mich». Bettina Hein fand das Produkt zwar spannend, aber sah sich ebenfalls nicht als Investorin. Auch Tobias Reichmuths Interesse als Investor wäre nur dann da gewesen, wenn sich Ve Cook! auf den grösseren Markt Deutschland konzentrieren würde und stieg deshalb aus. Lukas Speiser erachtete das Marktpotenzial als zu wenig hoch und vermisste einen eindeutigen USP. Er wollte ebenfalls nicht investieren. Roland Brack schliesslich bot seine Zusammenarbeit zwar an, eine Investition kam auch für ihn nicht in Frage. Somit mussten auch die zwei jungen Entrepreneure ohne Deal aus dem Studio.

Überzeugten mit einer sympathischen Idee und einem unkonventionellen Angebot zwei Löwen: Jonas Trachsel und Stefan Christiani mit Nevio. (Bild: Filip Stropek / CH Media)

Sympathische Idee findet Gefallen

Storylino, vertreten durch Jonas Trachsel und Stefan Christiani, bietet personalisierte Hörgeschichten für Kinder im Alter von 3-9 Jahren. Nach der Eingabe von ein paar Stichworten wird anschliessend aus vorgängig aufgenommenen Story-Bruchstücken eine individuelle Geschichte zusammengefügt – ähnlich, wie das heute bei Bahnhof-Durchsagen passiert. Als «grössten Fan» haben sie für ihren Pitch noch den siebenjährigen Nevio mitgebracht, der die Funktionsweise gleich demonstrieren durfte. Die Idee scheint bereits auch bei anderen Kindern beliebt zu sein – aber das Unternehmen steckt noch in den Kinderschuhen. Doch die beiden Jungunternehmer agieren in einem Wachstumsmarkt: Der Markt für Hörgeschichten wachse jährlich um 15 Prozent, erläuterten sie der Investorenrunde. Und bei der Personalisierung handle es sich um einen Megatrend. Gesucht sei nun ein Mentor, der ihnen helfe, das Unternehmen weiter aufzubauen. 1 Franken für 4 Prozent Anteil, aber gekoppelt an ein Vorkaufsrecht für weitere 8 Prozent der Firma für 120’000 Franken, so lautete das innovative Angebot der beiden Unternehmer. In den weiteren Ausführungen verrieten Jonas und Christian, dass sie sich vor allem auf den deutschen Markt (erkennbar allein schon durch die Website storyline.de) fokussieren möchten und dabei auch den Schweizer Markt als mitabgedeckt betrachten. Engagiert sind derzeit verschiedene Autorinnen, Autoren und Sprecher, die jeweils mit einem Prozentsatz pro verkaufter Geschichte honoriert werden. Kürzere Geschichte kosten 6 Euro, längere 8 Euro. In zwei Jahren wollen die Gründer einen Umsatz von 1,7 Millionen erreichen. Jürg Schwarzenbach fand die Idee faszinierend und zeigte sich begeistert. Lukas Speiser war als erster bereit, diesen einen Franken für 4 Prozent zu bieten und sein Marketing- und Branding-Knowhow einzubringen. Auch Roland Brack schloss sich an, während Anja Graf und Patrick Mollet ausstiegen. Nun darf man gespannt sein, wie sich Storylino weiter entwickelt.

Zu viel Gegenwind für Wind-Solar-Kleinkraftwerke

Der Gründer von NewGreenTec, Frido Stutz aus Dübendorf, hat kleine Wind-Solar-Kleinkraftwerke entwickelt, die auf dem Dach oder im Garten platziert werden können und mindestens die Hälfte des jährlichen Strombedarfs eines Haushalts produzieren. Die Geräte machen keinen Lärm und haben alle notwendige Technik (Steuerung, Wechselrichter, Speicher) integriert. 300’000 Franken gegen 15 Prozent Firmenbeteiligung wollte Frido Stutz mit seinem Team als Deal. Zwölf Produkte seien inzwischen verkauft worden, war weiter zu erfahren. Das Potenzial sei aber gross, denn es gebe in der Schweiz rund 1,7 Millionen Dächer, worauf dieses Gerät platziert werden könnte. Erhältlich sind die Geräte in zwei Versionen zu 9000 oder 15000 Franken. Erzeugt werden können etwa 3500 kW/h. Anja Graf fand dies zu wenig wirtschaftlich. Und ob die Geräte ohne Bewilligung aufgestellt werden dürfte, fragte sie nach. Das hänge von den Baubehörden ab, so die Antwort von Frido Stutz. Man bewege sich da etwas in einer Grauzone. «Was nicht explizit erlaubt ist, ist verboten», konterte aber Roland Brack. Die ungeklärten regulatorischen Hintergründe veranlassten Lukas Speiser denn auch, als Investor nicht einzusteigen. Auch Anja Graf sah noch zu viele Unsicherheiten und stieg aus. Roland Brack, obwohl Befürworter von nachhaltigen Technologien, machte ebenfalls nicht mit. Jürg Schwarzenbach bot ebenfalls keinen Deal. Blieb noch Patrick Mollet: Aber auch er stieg aus. Es herrschte also etwas viel Gegenwind in der Höhle der Löwen.

Löwin Bettina Hein verstand wohl als einzige das Geschäftsmodell von Aathavan Chiwacumar und Sarankan Ravendran. Für die anderen Investoren war „memoria“ zu schwere Kost. (Bild: Filip Stropek / CH Media)

Nochmals schwere Kost, aber dieses Mal mit Happy End

Aathavan Chiwacumar und Sarankan Ravendran aus Villmergen (AG) stiegen mit Memoria, Softwarelösungen für das papierlose Büro, ins Rennen. 200’000 Franken gegen 2,5 Prozent Firmenbeteiligung, so lautete der Kapitalbedarf. Es zeigte sich: Das Produkt ist komplex und bietet sehr viele Funktionen. Die Präsentation des Produktes war eher verwirrend als klärend. Einzig die Technologieunternehmerin Bettina Hein verstand, was die beiden Gründer eigentlich anbieten. Bei drei von fünf Investorinnen und Investoren wurden nicht die richtigen Knöpfe gedrückt. Auch auf wiederholte Nachfragen betreffend Abomodelle, Pricing und zu einzelnen Module waren die Antworten zu wenig befriedigend. und die Gründer mussten sich mit Absagen zurechtfinden. Bettina Hein wartete mit ihrem Verdikt am längsten zu: Als Person, die schon ihr Leben lang Geschäfte mit Software-Lösungen tätigt, behielt sie den Durchblick. Sie machte ein Angebot von 200’000 Franken gegen 10 Prozent Beteiligung. Aathavan Chiwacumar und Sarankan Ravendran nahmen dieses Angebot an. Software-as-a-Service ist nun mal nicht ganz einfach, um es verständlich rüberzubringen. Umso schöner war es wohl für die beiden, die richtige Investorin doch noch gefunden zu haben, die sie nun unterstützt, die Lösung noch marktfähiger zu machen.

Weitere Informationen zu den nächsten Sendungen: https://www.oneplus.ch/detail/1000604

Rheintaler Wirtschaftsforum ist klimaneutral

Klimaneutralität ist dem Rheintaler Wirtschaftsforum (Wifo) ein Anliegen. Es hat deshalb seinen CO2-Ausstoss berechnen lassen und investiert in ein Schutzprojekt in Kolumbien.

Das Rheintaler Wirtschaftsforum unterstützt ein Klimaschutzprojekt im Amazonas-Regenwald. (Bild: Pixabay.com)

Mit seinem Partner ClimatePartner hat das Rheintaler Wirtschaftsforum alle CO2-Emissionen berechnen lassen, die in Zusammenhang mit dem Anlass anfallen: Von der Anreise der Gäste und der Zahl der Übernachtungen über die Veranstaltungstechnik und Energie bis hin zu den Speisen und Getränken. Nun ist das Wifo klimaneutral. Bereits im Vorfeld wurde darauf geachtet, wo immer möglich Emissionen zu vermeiden. So achtet das Wifo bei der Cateringwahl stehts auf regionale und saisonale Produkte. Neu bietet das Wifo in Kooperation mit der RTB Rheintal einen Shuttle-Service an, um die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln noch attraktiver zu gestalten.

Sinnvolle Kompensation

Der Ausgleich von CO2-Emissionen ist neben deren Vermeidung und Reduktion ein wichtiges Puzzle im ganzheitlichen Klimaschutz. Treibhausgase wie CO2 verteilen sich gleichmäßig in der Atmosphäre, die Treibhausgaskonzentration ist damit überall auf der Erde etwa gleich hoch. Mit Blick auf die globale Treibhausgaskonzentration und den Treibhauseffekt ist es deshalb unerheblich, an welchem Ort Emissionen verursacht oder vermieden werden. Emissionen, die lokal nicht vermeidbar sind, lassen sich durch Klimaschutzprojekte an einem anderen Ort ausgleichen.

Projekt im Amazonasgebiet

Das Rheintaler Wirtschaftsforum gleicht seine auf 9908 Kilo CO2 berechneten Emissionen neu über ein hochwertiges, international anerkanntes Projekt aus. Konkret investiert das Wifo in ein Klimaschutzprojekt für Waldschutz in Mataven in Kolumbien. Die Region befindet sich im Bereich der Flüsse Amazonas und Orinoco. Das Projekt schützt 1,15 Millionen Hektar tropischen Regenwald und bewahrt dessen Biodiversität. Zudem bietet es Bildung, Gesundheitsversorgung, sanitäre Einrichtung, Ernährungssicherheit und weitere soziale Leistungen für 16’000 Indigene. Es arbeitet Hand in Hand mit den Gemeinden vor Ort.

Weitere Informationen unter:  https://fpm.climatepartner.com/project/1402/de

Anmeldungen zum  28. Rheintaler Wirtschaftsforum vom 20. Januar 2023 sind online (www.wifo.ch) möglich.

Greenpeace: Schweiz wird immer unglaubwürdiger

Am 6. November 2022 ist die 27. Klimakonferenz in Sharm El Sheikh gestartet. Gemäss Greenpeace stehe die Konferenz im Zeichen der Ignoranz von Ländern wie der Schweiz, die mitverantwortlich seien, dass nach 27 Klimakonferenzen die Emissionen, die das Klima destabilisieren, immer noch ansteigen.

Es gibt keinen „Planet B“: Laut Greenpeace gilt das auch für die Schweiz, die den Klimazielen weit hinterherhinke. (Bild: Unsplash.com)

Damit die COP27 tatsächlich dazu beiträgt, die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, müssen gemäss Greenpeace die Schweiz und die anderen reichen Länder ihre weitgehend unzureichenden Klimastrategien dringend verbessern und Verantwortung übernehmen. Sie müssten sich verpflichten, die Bewältigung von Verlusten und Schäden durch Klimakatastrophen ausreichend zu finanzieren, fordert die Umweltorganisation weiter. Es brauche zudem Zusagen zur finanziellen Unterstützung von Niedriglohnländern bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels und zur Stärkung ihrer Widerstandsfähigkeit.

«Trotz der Klimaextreme der vergangenen Monate, die Tod und Zerstörung brachten, trotz neuerer Erkenntnisse, die klar zeigen, dass gefährliche Kipppunkte wahrscheinlich schon ab einer globalen Erhitzung von 1.5°C ausgelöst werden, verharrt die Schweiz auf ihrer weitgehend unzureichenden Position», sagt Georg Klingler, Klima- und Energieexperte bei Greenpeace Schweiz.

Greenpeace stellt die Schweiz an den Pranger

Internationale Analysen, die die Klimaschutzbemühungen einzelner Länder vergleichen, würden die Mängel der Schweizer Klimapolitik deutlich aufzeigen, schreibt Greenpeace in einer Medienmitteilung. Insbesondere werden folgende Punkte angeprangert:

  • Die Schweiz habe die Klimaschutzverpflichtungen für 2020 verfehlt und stehe für 2030 nicht besser da: Würden sich alle Länder an den Ambitionen der Schweiz orientieren, dann würde sich der Planet gegenüber dem vorindustriellen Niveau um bis zu 3°C aufheizen. Damit wäre die Zukunft der Menschheit gefährdet.
  • Statt einer Reduktion der Treibhausgasemissionen von 50 Prozent bis 2030 müsste die Schweiz im Inland mindestens 61 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 erreichen. Dies ohne Gegenrechnung von Emissionsreduktionen, die in anderen Ländern erzielt werden. Solche Reduktionen müssten zusätzlich zum Inlandziel erbracht werden und in der Summe dazu führen, dass die Schweiz bis 2030 mehr Emissionen reduziert als 1990 insgesamt ausgestossen wurden.
  • Die Regulierung der Finanzflüsse bleibt ein riesiges Problem. Auch sieben Jahre nach Verabschiedung des Übereinkommens von Paris würden in der Schweiz verbindliche Vorgaben zur Reduktion der durch den Finanzplatz und damit auch die Schweizerische Nationalbank verursachten weltweiten Klimaschäden fehlen. Der Schweizer Finanzplatz befeuere derzeit eine globale Erhitzung von 4°C. Hier müsse rasch korrigierend eingegriffen werden, der Schweizer Finanzplatz sei der grösste Klimaschutz-Hebel der Schweiz, heisst es seitens der Umweltorganisation.
  • Die Position der Schweiz bezüglich der Finanzierung einer klimafreundlichen Entwicklung sowie von Klimaschäden in Ländern, welche in der Vergangenheit vergleichsweise wenig zur Klimaerhitzung beigetragen haben, lasse ebenso zu wünschen übrig. Statt neue Gelder bereitzustellen, um das global bedrohende Problem zu lösen und Leid zu mindern, würden Gelder aus der Entwicklungszusammenarbeit umgewidmet und mit privaten Krediten schön gerechnet.

COP27 mit geringen Erwartungen

Die Umweltorganisation Greenpeace selbst ist mit einer internationalen Delegation an der Konferenz anwesend. Ihre Vertreterinnen und Vertreter setzen sich dafür ein, dass bezüglich Klimagerechtigkeit sowie der Wahrung einer maximalen globalen Erwärmung von 1.5°C Fortschritte erzielt werden. Gemäss Einschätzung von Experten dürften die Ergebnisse der COP27 aber wiederum gering ausfallen. Es scheint, dass die Agenda vieler Industrieländer derzeit mehr vom Ukraine-Krieg diktiert wird als von einer globalen Klimakrise.

Quelle

Lancom Systems mit neuem Country Manager Schweiz

Der deutsche Netzwerkinfrastruktur- und Security-Ausrüster Lancom Systems hat Andrej Massaro zum Country Manager Schweiz ernannt. Der 56-jährige arbeitet in seiner Funktion eng zusammen mit Philipp Reichstein, der sich als Senior Channel Manager künftig auf das Schweizer Partnergeschäft konzentriert.

Andrej Massaro ist neuer Country Manager für die Schweiz bei Lancom Systems. (Bild: zVg)

Mit Andrej Massaro beruft Lancom Systems einen erfahrenen Vertriebsprofi, der in der Schweizer IT- und Security-Branche exzellent vernetzt ist und über eine tiefe Marktkenntnis verfügt, wie es heisst. Mit seiner Ernennung stärkt der deutsche Netzwerk- und Security-Hersteller seine Präsenz in der Schweiz, um den Wachstumskurs vor Ort mit gezielten Impulsen voranzutreiben und die Digitalisierung in Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft gemeinsam mit seinen Kunden und Partnern erfolgreich zu gestalten. In seiner 30-jährigen IT Karriere war Andrej Massaro unter anderem 13 Jahre als Länderchef für Astaro/Sophos tätig.

Uwe Neumeier, Geschäftsführer von Lancom Systems lässt sich wie folgt zu dieser Personalie zitieren: „Die Schweiz ist für uns ein wichtiger Markt mit enormem Potenzial. Mit seiner langjährigen Erfahrung im Netzwerk- und Security-Umfeld gewinnen wir mit Andrej einen Kollegen mit vielfältigen Talenten und Erfahrungen. Sein Background passt perfekt zum Angebot, das wir unseren Kunden und Partnern in der Schweiz machen wollen: Netzwerk und Security aus einer Hand – als digital souveräne, datenschutzkonforme und sichere Basis für die digitale Transformation.“

Die Lancom Systems GmbH wurde 2002 gegründet und hat ihren Hauptsitz in Würselen bei Aachen. Zu den Kunden zählen KMU, Behörden, Institutionen und Großkonzerne aus aller Welt.  Seit Sommer 2018 ist das Unternehmen hundertprozentige Tochtergesellschaft des Münchner Technologiekonzerns Rohde & Schwarz. Das Unternehmen ist Hersteller von Netzwerk- und Security-Lösungen für Wirtschaft und Verwaltung. Zum Portfolio gehören Hardware (WAN, LAN, WLAN, Firewalls), virtuelle Netzwerkkomponenten und Cloud-basierendes Software-defined Networking (SDN).

Weitere Informationen

Vor „Krisen-Winter“: KMU zwischen Angst und Gelassenheit

Ein beachtlicher Teil der Schweizer KMU hat für den kommenden Winter düstere Aussichten, wobei es gleichzeitig auch einen grossen Teil gibt, der den Herausforderungen gelassen entgegensieht. Während die Unternehmen im Grundsatz robust aufgestellt sind, kämpfen einige aber mit schrumpfenden Gewinnen und befürchten eine Insolvenz. Dies zeigt eine repräsentative Umfrage des Instituts YouGov im Auftrag des B2B-Plattformbetreibers Visable.

Droht ein Krisen-Winter? Schweizer KMU sehen Probleme auf sich zukommen, haben aber Massnahmen in Vorbereitung. (Bild: Pixabay.com)

Zwischen dem 11. und 18. Oktober wurden im Auftrag des B2B-Plattformbetreibers Visable 207 Entscheidungspersonen in Schweizer KMU zu einem möglicherweise bevorstehenden „Krisen-Winter“ befragt. Gemäss den Antworten trübt die gegenwärtige wirtschaftliche und geopolitische Lage bei einer grossen Anzahl von Schweizer KMU die Erwartungen für den kommenden Winter. 37 Prozent der Unternehmen schätzen das Risiko, dass es wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten zu Einschränkungen bei der Betriebstätigkeit kommt, als hoch oder eher hoch ein. Demgegenüber bestehen aber auch Hoffnungen, dass die Auswirkungen des Ukraine-Krieges nicht so dramatisch sind. 21 Prozent schätzen das Risiko für Betriebseinschränkungen als eher gering und 38 Prozent als gering ein. «Die Schweizer KMU blicken dem kommenden Winter mit gemischten Gefühlen entgegen. Die aktuellen Herausforderungen werden zwar ernst genommen, aber nicht überdramatisiert», sagt Peter F. Schmid, CEO von Visable.

Energiekosten und Rohstoffpreise als grösste Problemfelder

Das grösste Risiko stellen für die Unternehmen mit 36 Prozent die steigenden Energiekosten dar. Steigende Preise bei Rohstoffen und Vorprodukten werden von 30 Prozent der KMU-Entscheider gefürchtet. Nur leicht weniger gewichtet werden die Lieferkettenprobleme (28%). Und dicht gefolgt davon wird die Inflation als Risiko genannt (26%). Corona ist immer noch ein ernst zu nehmender Risikofaktor. Immerhin 23 Prozent der KMUs rechnen diesen Winter mit Personalausfällen wegen Krankheit und Quarantäne. Beides mal von 22 Prozent der Befragten genannt wurden der Fachkräftemangel und ein Einbruch der Nachfrage. Als geringste Risiken werden Kriegssanktionen (7%) und fehlende Digitalisierung (5%) angesehen.

(Grafik: Visable)

Die Unternehmen bleiben angesichts der aktuellen Herausforderungen nicht untätig. Gefragt nach den geplanten Massnahmen, um möglichst gut durch einen Krisen-Winter zu kommen, stehen deutlich an erster Stelle die Energiesparmassnahmen (29%). Und interessanterweise folgt an zweiter Stelle mit 18 Prozent die Anstellung von neuen Mitarbeitern. Immerhin 15 Prozent ziehen das Aussetzen von geplanten Investitionen in Betracht. Und von 11 Prozent wird ein Personalabbau oder Lohnkürzungen genannt. Kaum relevant ist Kurzarbeit (7%).

Schrumpfende Gewinne und auch drohende Insolvenz

Bereits zeichnet sich ab, dass der Ausbruch des Ukraine-Krieges sich auf den Jahres-Gewinn einiger Unternehmen negativ auswirkt. 22 Prozent der KMU gaben an, dass die Gewinne 2022 gegenüber dem Vorjahr etwas sinken werden. Und 6 Prozent rechnen gar mit stark sinkenden Gewinnen. Für das nächste Jahr sind die Aussichten ähnlich. Jedes fünfte Unternehmen (19%) befürchtet 2023 etwas sinkende Gewinne. Stark sinkende Gewinne werden wiederum von 6 Prozent der Befragten genannt. Für einige Unternehmen könnte der Winter existenzbedrohend werden. 15 Prozent der KMUs schätzen das Risiko für eine Insolvenz diesen Winter als hoch oder eher hoch ein. Im Grundsatz sind die Unternehmen aber robust aufgestellt. Für 82 Prozent ist das Risiko einer Insolvenz eher gering oder gering.

Strompreisdeckel gegen Krisen-Winter?

Gefragt nach den gewünschten Massanahmen der Politik für den kommenden Winter, fordern 23 Prozent der KMU-Entscheider einen Strompreisdeckel. Und ebenso viele wünschen sich eine längere Laufzeit der Atomkraftwerke. Mit ähnlicher Dominanz ist der Ruf nach Steuersenkungen (22%) und finanziellen Hilfsprogrammen (20%). Ein schnellerer Ausbau von erneuerbaren Energien wird von 21 Prozent der Befragten verlangt.

Quelle: Visable

Allianz Suisse verbessert Gleichstellung am Arbeitsplatz

Als aktuell einziges Schweizer Versicherungsunternehmen wurde die Allianz Suisse mit "EDGE Move" auf der zweithöchsten Stufe zertifiziert. Die EDGE ("Economic Dividends for Gender Equality") Zertifizierung ist ein weltweit führendes globales Zertifizierungssystem für die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsplatz.

Die Allianz Suisse gilt als Vorreiterin bei der Gleichstellung der Geschlechter. (Bild: obs/Allianz Suisse/Frank_Schwarzbach)

Bei der Beurteilung von EDGE wird gemessen, welche Fortschritte ein Unternehmen in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter erzielt hat. Dabei werden folgende Aspekte untersucht: Geschlechtervertretung, Lohngleichheit, die Wirksamkeit von Massnahmen zur Förderung gleichberechtigter Karrieren und die inklusive Kultur in Bezug auf berufliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Im Vergleich zur zweiten Zertifizierung im Jahr 2020 konnte sich die Allianz Suisse in allen diesen Themenbereichen verbessern. Zudem verbesserte sich auch die Wahrnehmung der Mitarbeitenden in Bezug auf die Gleichstellung, wie die von EDGE durchgeführte Mitarbeitendenbefragung ergab.

Fortschritt bei Lohngleichheit

Seit Jahren führt das Versicherungsunternehmen regelmässig Gender Pay Gap-Analysen durch und setzt alles daran, den noch vorhanden Unterschied zu schliessen. Dabei wird konsequent auf eine faire Entlohnung der Geschlechter bei allen Neueinstellungen, Funktionswechseln und während der Lohnrunde fokussiert. Auch die Überprüfung mit dem externen Tool von EDGE ergab, dass die Allianz Suisse sehr weit ist. Deshalb schaffte das Unternehmen den Sprung von der Stufe „EDGE Assess“ auf die Stufe „EDGE Move“, welche den Fortschritt im Bereich Gleichstellung auszeichnet.

Einen weiteren Meilenstein erreicht

Ruedi Kubat, CEO der Allianz Suisse, sagt dazu: „Die Auszeichnung ist ein Meilenstein auf unserer Reise hin zu einem Arbeitsumfeld, in dem Gleichberechtigung und Inklusion täglich gelebt werden. Die EDGE-Zertifizierung zeigt, dass wir wesentliche Fortschritte erzielt haben. Gleichzeitig spornt uns dies an, weitere Massnahmen im Themenfeld Diversity & Inclusion-Strategie umzusetzen und uns laufend zu verbessern.“

Quelle

Über die EDGE-Zertifizierung

Die EDGE-Zertifizierung umfasst vier Bestandteile: Die Analyse statistischer Daten, eine Mitarbeitendenbefragung sowie die Prüfung der Richtlinien und Regelwerke. Zudem wird eine Gender-Pay-Gap-Analyse durchgeführt. Die Zertifizierung wird auf drei Stufen vergeben: „EDGE Assess“ („Recognizing Commitment“), „EDGE Move“ („Showcasing Progress“) und „EDGE Lead“ („Celebrating Success“). In der Schweiz sind bis heute 16 Unternehmen EDGE-zertifiziert. Die Allianz Suisse ist das einzige Versicherungsunternehmen in der Schweiz, das aktuell die Auszeichnung „EDGE Move“ führen darf.

Mehr Informationen: https://edge-cert.org/

COP27 – Mind the gap!

In wenigen Tagen findet die 27. Konferenz der UNO zum Klimawandel in Sharm-el-Sheikh, Ägypten, statt. Die COP27 gilt als die "Umsetzungs-COP", doch angesichts der Aufmerksamkeit, die das derzeitige globale wirtschaftliche und politische Umfeld auf sich zieht, ist es derzeit unwahrscheinlich, dass die kritischen Lücken zwischen Versprechen und glaubwürdigen Massnahmen geschlossen werden. Eva Cairns, Head of Sustainability Insights & Climate Strategy und Jeremy Lawson, Chefökonom & Head of Research Institute bei abrdn geben eine Einschätzung.

Die Besorgnis auf der Strasse wegen der Klimakrise wächst: Wird die COP27 endlich einen Durchbruch bringen? (Bild: Unsplash.com)

Die COP26 war geprägt von einer Reihe von Zusagen, die das globale Netto-Null-Ziel für 2050 in Reichweite halten sollen. Die COP27 ist entscheidend, um sicherzustellen, dass diese Zusagen aktualisiert und in glaubwürdige Massnahmen umgesetzt werden, um den Temperaturanstieg bis zum Ende des Jahrhunderts auf 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Mit jedem Jahr, in dem die Zusagen und Massnahmen hinter dem Notwendigen zurückbleiben, vergrössert sich die Kluft, und das Erreichen der Ziele von Paris wird unwahrscheinlicher. Für Investoren ist es von entscheidender Bedeutung, dass die politischen Entscheidungsträger die richtigen Signale und Anreize setzen, um eine Kapitalallokation im Einklang mit dem Netto-Null-Ziel zu ermöglichen. Auf der COP27 muss auch eine Einigung darüber erzielt werden, wer für die Verluste und Schäden aufkommt, die durch die physischen Klimaauswirkungen verursacht werden, die heute auf der ganzen Welt grassieren. Dazu gehören Dürren, Hitzewellen und Überschwemmungen, von denen oft die am stärksten gefährdeten Entwicklungsländer auf tragische Weise betroffen sind.

Fortschritte seit der COP26

Bei der Umsetzung der auf der COP26 gemachten Zusagen und Versprechen sind kaum Fortschritte zu verzeichnen. Viele der Zusagen können nur als „Pläne für Pläne“ bezeichnet werden:

  • Die Industrieländer haben weder ihre Zusagen für 2030 ausreichend aktualisiert, noch haben sie die Klimafinanzierung für den globalen Süden aufgestockt;
  • Es gibt immer noch keine ausreichenden Angaben darüber, wie die Zusagen erreicht oder finanziert werden sollen, und zu viel Vertrauen in noch nicht entwickelte Technologien;
  • Die Bepreisung von Kohlenstoff ist nach wie vor eine Seltenheit und deckt etwa 20 % der weltweiten Emissionen ab. Wo es sie gibt, sind sie oft viel zu niedrig, um Anreize zur Dekarbonisierung zu schaffen;
  • Klimamassnahmen wurden aufgrund des grossen globalen Drucks – Ukraine-Krieg, Lebenshaltungskostenkrise und Rezession – auf die lange Bank geschoben.
  • Gleichzeitig sind weltweit noch nie dagewesene Klimagefahren aufgetreten.

Wie sieht Erfolg an der COP27 aus?

Hervorzuheben sind vier miteinander verbundene Lücken, die auf der COP27 angegangen werden müssen:

(Grafik: abrdn)

Die Ambitionslücke schliessen: Fast ein Jahr nach Glasgow und den Nationally Determined Contributions (NDCs) der Länder wird die Erwärmung laut Climate Action Tracker immer noch nur auf 2,4°C begrenzt. Mit Ausnahme von Indien und Australien haben nur wenige Länder ihre NDCs sinnvoll aktualisiert. Nichts Geringeres als NDCs, die 1,8°C erreichen, vorzugsweise sogar weniger, wäre nötig, um die Ambitionslücke ausreichend zu verringern und als Erfolg zu werten.

Die Glaubwürdigkeitslücke schliessen: Die Glaubwürdigkeitslücke zwischen Zusagen und verbindlichen Massnahmen schafft keine Anreize für die Dekarbonisierung von Unternehmen und für Investitionen. Über 90 % des BIP werden durch Netto-Null-Ziele und 83 % der Emissionen abgedeckt, aber die Realität sieht ganz anders aus:

  • Die Emissionen nehmen weiter zu und stiegen im Jahr 2021 um 6 %;
  • Die Entwaldung im Amazonasgebiet erreichte 2022 ein Rekordniveau; und
  • Subventionen für fossile Brennstoffe belaufen sich laut einem UN-Bericht aus dem Jahr 2021 auf 420 Mrd. Dollar.

Ein mehrstufiger globaler Kohlenstoffpreismechanismus wäre ideal, um die Lücke zu schliessen, aber wir bezweifeln, dass man sich darauf einigen kann, insbesondere wenn die geopolitischen Spannungen zwischen den grössten Emittenten der Welt so gross sind. Ein realistischeres Ziel für die COP27 wären detaillierte Angaben darüber, wie die NDCs realistischerweise erreicht werden sollen, begleitet von glaubwürdigen nationalen Massnahmen.

Die Gerechtigkeitslücke schliessen: Der Kern der Klimagerechtigkeitslücke ist die Tatsache, dass diejenigen, die am wenigsten zu den globalen Emissionen beigetragen haben, vor allem im globalen Süden, oft am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind. Die Industrieländer haben den Entwicklungsländern bis 2020 eine Klimafinanzierung in Höhe von 100 Milliarden Dollar pro Jahr versprochen – diese Zusage wurde bisher nicht eingehalten. Die Industrieländer müssen mehr Verantwortung übernehmen und die notwendige Klimafinanzierung bereitstellen, um diese Lücke auf der COP27 zu schliessen, einschliesslich:

  • Eine verbindliche Verpflichtung zur Klimafinanzierung, die sich ab 2023 auf mindestens 100 Mrd. USD beläuft
  • Eine spezielle Fazilität zur Finanzierung von Verlusten und Schäden zur Unterstützung der am meisten gefährdeten Länder

Die Anpassungslücke schliessen: Die Verluste und Schäden aufgrund der Klimaauswirkungen, die bereits auf der ganzen Welt zu spüren sind, unterstreichen die Notwendigkeit, die Finanzierung auf die Schliessung der Anpassungslücke auszurichten, um sich gegen die physischen Auswirkungen des Klimawandels zu schützen. Selbst wenn die globale Erwärmung auf unter 2°C begrenzt werden kann, ist es zu spät, sich allein auf die Eindämmung des Klimawandels zu konzentrieren. Eine verbindliche Verpflichtung zur Erhöhung der Anpassungsfinanzierung würde die notwendigen Anreize schaffen, damit auch private Finanzmittel in Anpassungsprojekte fliessen.

Wie wahrscheinlich ist es, dass diese Lücken geschlossen werden?

Leider sind die Hoffnungen gering. Nur wenige Länder scheinen bereit zu sein, ihre Verpflichtungen zu erhöhen, und die internationale Zusammenarbeit wird angesichts des derzeitigen globalen wirtschaftlichen und politischen Umfelds schwieriger zu vereinbaren sein. Es wird also wahrscheinlich ein weiterer Aufruf zum Handeln sein, aber wahrscheinlich ein schwacher Aufruf mit zu wenig Zuckerbrot und Peitsche, um ein positives Ergebnis zu gewährleisten. Während man sich vielleicht sträubt, offiziell anzuerkennen, dass eine Angleichung auf 1,5°C nun unerreichbar ist, werden die Kommentare nach der Konferenz wahrscheinlich von der Grösse der Lücke zwischen dem, was nötig ist, und dem, was getan wird, dominiert werden. Dies wird eine Debatte über die Auswirkungen auf die Klimaverpflichtungen und die noch grössere Bedeutung der Anpassungsfinanzierung auslösen.

Autorin und Autor:
Eva Cairns ist Head of Sustainability Insights & Climate Strategy bei abrdn, einer global tätigen Investment-Firma mit einem Schwerpunkt auf ESG-Aspekte. Jeremy Lawson ist Chefökonom & Head of Research Institute von abrdn.

Thurgauer Rezepturen gegen Krisen

Das Thurgauer Wirtschaftsforum vom 3. November in Weinfelden hat sich mit der Finanzwelt und Wirtschaft im Kontext der aktuellen Krisen befasst. Es war geprägt vom sorgenvollen Blick in die Zukunft – aber auch von Rezepturen für den Weg aus Krisen und für weiterführende Innovationen.

Hans-Werner Sinn am Thurgauer Wirtschaftsforum. (Bild: zVg)

Von der Region zur Weltwirtschaft, vom KMU zur internationalen Grossbank: Die Referentinnen und Referenten am 26. Thurgauer Wirtschaftsforum (WFT) deckten die gesamte Bandbreite des Wirtschaftens in heutiger Zeit ab. Die Situation mit unterschiedlich hoher Inflation in der Schweiz und weiteren Ländern bei gleichzeitiger Stagnation hat gemäss dem deutschen Volkswirtschafter und ehemaligen Direktor des Münchner ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, eine Ursache: «schwarze Schwäne». So nennt er Extremereignisse, mit denen niemand rechnet.

Schweiz «vergleichsweise prächtig»

Sinn sprach von einer «vollkommen aussergewöhnlichen Situation», in der sich die Volkswirtschaften heute befänden. Verursacht sei sie durch anhaltende Lieferengpässe, hervorgerufen durch die Corona-Krise, durch die Energieknappheit sowie «staatliche Verschuldungsorgien». Die Schweizer Wirtschaft halte sich dabei, etwa mit Blick auf Deutschland, «vergleichsweise prächtig». Im Gespräch mit Moderatorin Mona Vetsch zeigte Hans-Werner Sinn leisen Optimismus: «Man braucht eine Krise, um zu handeln.»

Der ehemalige Banker Oswald Grübel, der sowohl die Credit Suisse wie die UBS leitete, kam vor allem auf die von Krisen geschüttelte Credit Suisse zu sprechen. Die Schweiz brauche zwei Grossbanken, um der Schweizer Wirtschaft genügend Liquidität zur Verfügung stellen zu können. Grübel sieht die Zukunft der Credit Suisse verhalten positiv und riet, ausnahmsweise statt einer Bratwurst eine (bei heutigem Stand günstigere) CS-Aktie zu kaufen.

Mittel gegen die Haarkrise

Als Vertreterin eines Thurgauer KMU legte Sandra Banholzer, CEO der Kreuzlinger Rausch AG, dar, wie ihr Unternehmen auch in Krisenzeiten innovationsfähig bleibt: mit lebendiger Firmenkultur, Beweglichkeit, guter Kommunikation und frechem Marketing. Als Beispiel für eine anstehende Innovation kündigte sie eine neue Rezeptur gegen Haarkrisen an, getränkt von spritzigem Thurgauer Apfelextrakt.

HSG-Honorarprofessorin Monika Bütler legte den Fokus auf die Rahmenbedingungen, die einem KMU auch in Krisenzeiten Widerstandsfähigkeit und ein erfolgreiches Wirtschaften ermöglichen. Dank relativ guter Zusammenarbeit und Aufgabenteilung zwischen Staat und Privaten sei es der Schweiz in Corona-Zeiten gelungen, vergleichsweise gut durch die Krise zu kommen. «Wenn es die Schweiz weiterhin schafft», so Bütler, «die Institutionen so zu gestalten, dass alle ihre Widerstandskraft und den Zugang zu Ressourcen behalten, so schaffen wir den Übergang in die neue Welt.»

Thurgauer des Jahres

Erstmalig war in das Wirtschaftsforum das Gespräch mit dem frisch gekürten Thurgauer des Jahres integriert – in Kooperation mit der Thurgauer Zeitung. Ausgezeichnet wurde diesmal der Satiriker Thomas Götz, der den Thurgauerinnen und Thurgauern Jahr für Jahr unter dem Titel «Ergötzliches» den Spiegel vorhält. Thomas Götz lehrte die WFT-Teilnehmenden: «Der Thurgau ist der Kanton der kurzen Wege – aber manchmal auch der langen Leitung.»

Ebenfalls zum ersten Mal war die Thurgauer Kantonalbank Hauptsponsor des WFT. Deren CEO Thomas Koller nannte in seinem Grusswort, in Anlehnung an Winston Churchill, vier Elemente, um aus Krisen zu finden: Erkenntnis, Zuversicht, Handeln und – Genuss. Mit 330 Teilnehmenden war das Thurgauer Wirtschaftsforum ausverkauft.  Das 27. Wirtschaftsforum Thurgau findet am 16. November 2023 statt.

Weitere Informationen: Wirtschaftsforum Thurgau

Take it or leave it in der Höhle der Löwen

Zahnpasta in Tablettenform, alkoholhaltiges Sprudelwasser oder Prothesen aus dem 3D-Drucker: Keine Idee ist verrückt genug, um in der Höhle der Löwen nicht aufzutreten. Am 1. November 2022 holten einige Jungunternehmen ein Investment ab – einigen wiederum war «nur» die mediale Aufmerksam sicher.

Lukas Schiller erläutert die Funktionalität einer Unterarmprothese bei „Bionicman“ Michel Fornasier. (Bild: Filip Stropek / CH Media)

Die fünfte Sendung der vierten Staffel von «Die Höhle der Löwen Schweiz» flimmerte am 1. November 2022 über den Sender 3+. Das erste der wiederum sechs Startups, die sich den Investorinnen und Investoren vorstellten, klang zunächst etwas nach japanischer Kampfkunst: «kiyo». In der Tat ist dieser Begriff japanisch, bedeutet aber «rein». Nando Nichele und Jeffrey Christen aus Merlischachen (SZ) haben unter diesem Namen Zahnpasta-Tabletten entwickelt. Diese zerkaut man, bürstet nachher wie gewohnt die Zähne und spült mit Wasser. Der Vorteil gegenüber herkömmlicher Zahnpasta: Es ist keine Plastikverpackung nötig, die Tabletten werden im wiederbefüllbaren Glas verkauft. Die Löwinnen und Löwen mochten das Produkt, auch die präsentierten Umsatzzahlen hörten sich ansprechend an. Von da her sollte es eigentlich realistisch sein, die geforderten 150’000 Franken gegen 12 Prozent Firmenanteile zu investieren. Doch die Löwen und die anwesende Löwin störten sich am hohen Verkaufspreis, der das Produkt zu wenig massentauglich macht. Einen Deal gab es dann schliesslich nicht.

Deal für Prothesen, No Deal für Rechts-Plattform

Das ETH-Spin-off «mac4u», vertreten durch Lukas Schiller, Myriam Lingg und «Bionicman» Michel Fornasier, stellt per 3D-Druck Unterarmprothesen mit austauschbaren Teilen her. Es gibt Aufsatzteile zum Tennisspielen, Velofahren, Paddeln, fürs Fitnesscenter, etc. Interessierte können sich ihre Wunschprothese online in einem Konfigurator zusammenstellen. Eine sehr sinnvolle Sache, wie auch die Löwen konstatierten. 150’000 Franken gegen 4 Prozent Firmenanteile wollten die drei Firmengründer als Investment. Nur: Der Markt ist nicht besonders gross, auch wenn es global rund 20 Millionen Menschen gibt, die auf Unterarm-Prothesen angewiesen sind, heruntergerechnet auf die Schweiz sind es dann noch ein paar Tausend. Lukas Speiser und Jürg Schwarzenbach stiegen denn auch rasch aus. Auch Anja Graf wollte kein Angebot machen. Roland Brack offerierte dann 200’000 Franken gegen 6 Prozent Beteiligung, Bettina Hein wiederum machte eines im Umfang von 150’000 Franken gegen 5 Prozent. Die Jungunternehmer mussten sich zur Beratung zurückziehen und wollten die beiden Angebote dann mit einer Gegenofferte auf einen Nenner bringen: 300’000 Franken gegen 10 Prozent Beteiligung. Roland Brack und Bettina Hein schlugen ein, der Deal war perfekt.

150’000 Franken gegen 2,5 Prozent Firmenanteile wollte David Roegiers aus Zürich für seine Rechtsplattform «Jurata» investiert haben. «Jurata» ist eine Online-Plattform, die KMU und Privatpersonen mit Anwältinnen und Anwälten zusammenbringt. Rechtsuchende können ihren Fall online schildern, die Plattform schlägt ihnen dann passende Anwältinnen und Anwälte vor. Zudem bietet «Jurata» Rechtsprodukte wie Kündigungen, Markeneintragungen und Vertragserstellungen zu einem Fixpreis an. Hörte sich im Prinzip gut an, doch wie es halt so ist in juristischen Angelegenheiten: Der Teufel steckt in den Details. Und davon wollten die Löwinnen und Löwen viele wissen: Umsatz? Genaues Geschäftsmodell? Aussichten? Internationalisierung? USP? Gründer David Roegiers geriet arg in die Defensive und verhedderte sich zusehends in seinen Ausführungen. Das war natürlich Gift für den weiteren Verlauf. Es kam, wie es kommen musste: Kein Löwe und keine Löwin wollten einen Deal.

Löwen knallhart: Take it or leave it

«Sunday Seltzer» ist ein Sprudelwasser mit Alkohol. Damit gingen die gebürtige Amerikanerin Norell Narum und Yves Heer aus Zug an den Start. Das 2020 lancierte Getränk ist aus besten Schweizer Zutaten hergestellt. In fünf Geschmackssorten und mit vier Prozent Alkohol enthält es weder Zucker noch Süssstoff und hat die Hälfte der Kalorien eines Biers. Mit «Sunday Seltzer» wollen die beiden einen Getränketrend, der in den USA bereits etabliert ist, auch in der Schweiz populär machen. Das Marktpotenzial ist riesig, man spricht von einem globalen Marktpotenzial von 10 Milliarden Franken. Doch zunächst sollen es 200’000 Franken gegen 5 Prozent Beteiligung richten. Eine erste Basis ist auch schon gelegt, denn das Schweizer Start-up hat bereits den Sprung in den Detailhandel geschafft. Über 100 Kunden sind es bereits, die Sunday Seltzer im Angebot haben. 160’000 Franken Umsatz wurden im ersten Produktionsjahr erzielt. Die Löwinnen und Löwen degustieren das Getränk und zeigen grosses Interesse. Produktionskosten von 1,05 Franken bei einem Verkaufspreis von 3,50 Franken, stetig steigende Absatzzahlen scheinen den Löwinnen und Löwen die Münder zusätzlich wässrig zu machen. Tobias Reichmuth findet die prognostizierten Umsatzzahlen – 1,2 Millionen im Jahr 2023 – sogar eher konservativ. In der Tat sind die Ambitionen von Norell und Yves gross: Nicht nur die Schweiz und Europa sollen es sein, auch Amerika soll dank Swissness erobert werden. Entsprechend beeindruckt zeigte sich Bettina Hein. Weil sie aber mehr an Technologieinvestments interessiert ist, stieg sie aus. Jürg Schwarzenbach wollte ebenfalls nicht einsteigen, für ihn schienen die Ambitionen doch zu sehr «am oberen Ende». Roland Brack, Tobias Reichmuth und Lukas Speiser sprachen sich ab, störten sich etwas an der hohen Bewertung von 4 Millionen Franken, waren dann aber gemeinsam bereit für ein Angebot von 300’000 Franken gegen 15 Prozent Beteiligung. Die beiden Jungunternehmer zogen sich zu einer kurzen Beratung zurück, auch ein Taschenrechner wurde gezückt. Denn sie wollten keine Firmenbewertung unter 3 Millionen. Heraus kam deshalb ein Gegenangebot von 300’000 Franken gegen 9 Prozent Beteiligung. Doch Lukas Speiser stellte klar: Für ihn zu tief, weil die Firma nicht genügend den Beweis erbracht hatte, das riesige Potenzial allein auszuschöpfen. Er stieg deshalb aus. Dieser Argumentation folgten dann auch Tobias Reichmuth und Roland Brack – take it or leave it, so ihre knallharte Haltung.

Noch eine Job-Plattform? Einer der Löwen meint: «Ja»

«Let’s match», so lautete dann die Devise von Thomas Balli, Arlinda Ismaili und Alexandra Eicher aus Zug mit ihrer Personal-Rekrutierungsplattform «mtchbx». Diese schlägt Jobsuchenden aktiv Stellen vor, die aufgrund der Ausbildung und Berufserfahrung passen könnten. Weil alle Informationen zur Person schon auf der App hinterlegt sind, kann man sich mit nur einem Swipe für eine Stelle bewerben. Ein «Tinder» für die Rekrutierung also? Mit 250’000 Franken gegen 10 Prozent Firmenanteil trat nun «mtchbx» an, um die Löwin und die Löwen zu einem Investment zu überzeugen. Auf deren erste Nachfragen gaben die drei Firmengründer/-innen dann noch ein paar nicht unerhebliche Kennzahlen bekannt: Ein Bewerberpool von 40’000, 157 ausgeschriebene Stellen, 10 bis 15 Matches pro Monat – wobei ein Match noch keine Anstellung bedeutet. «Dünkt mich wahnsinnig wenig», stellte Tobias Reichmuth fest. Und auch, wie man die App bekannter machen könnte, stellte sich noch als ein Manko heraus. Die Umsatzziele hörten sich aber ambitioniert an: 45’000 Franken seien es gegenwärtig, 350’000 wolle man per Ende 2022 mit 1000 ausgeschriebenen Stellen erreichen. 2023 sollen es 2500 Stellen werden, in zwei Jahren dann 5000, «konservativ gerechnet», so Thomas Balli. Dann folgte das Verdikt der Investoren: Bettina Hein als Löwin stieg mangels Internationalität und fehlender Skalierbarkeit schnell aus. Lukas Speiser fand die Lösung zwar interessant, wollte aber nicht investieren. Tobias Reichmuth stellte Fragezeichen hinter der Konkurrenzfähigkeit und stieg ebenfalls aus. Jürg Schwarzenbach fand die Firmenbewertung zum aktuellen Zeitpunkt «zu sportlich» und verzichtete auf ein Investment. Blieb noch Roland Brack: Er machte ein Angebot von 250’000 Franken, allerdings gegen 15 Prozent Beteiligung. Das «matchte», die drei nahmen das Angebot an.

Emin Behramaj (rechts) hat ein multifunktionales Hygieneset für Toiletten entwickelt, wofür sich Roland Brack stark interessiert. Zu einem Deal kam es trotzdem nicht. (Bild: Filip Stropek / CH Media)

Gutes Produkt – aber noch nicht ausgereift

«Two in One», so nennt sich das Sanitätsprodukt, mit dem Emin Behramaj sich in die Höhle der Löwen wagte. Seine Lösung fürs Stille Örtchen beinhaltet Toilettenpapier, Feuchttücher und Desinfektionsmittel aus einem einzigen Spender. Der Entwickler will das Produkt in Spitälern, Arztpraxen, Bürogebäuden, Schulen und der Hotellerie einsetzen. Dahinter steckt eine bewegende Geschichte, denn beim heute 53-jährigen Emin Behramaj wurde vor ein paar Jahren Morbus Wilson, eine Stoffwechselkrankheit, diagnostiziert, die eine Leber-Transplantation notwendig machte. Während seines langen Spitalaufenthalts hatte er genügend Zeit, seine Idee zu entwickeln, für deren Vermarktung und Weiterentwicklung er nun einen strategischen Partner benötigt. 150’000 Franken gegen 20 Prozent Firmenanteile lautete sein Kapitalbedarf. Tobias Reichmuth zeigte sich angetan vom Produkt, von dem Emin Behramaj allerdings noch keines verkaufen konnte, denn die Entwicklung wurde eben erst abgeschlossen. Doch mit der Preisvorstellung von knapp 70 Franken bei Herstellungskosten von etwas über 15 Franken löste er beim Löwen aber ein anerkennendes «Hm» aus. Jürg Schwarzenbach zeigte sich beeindruckt, dass der Tüftler für die gesamte Produktentwicklung und auch die Einreichung des Patents gerade mal 150’000 Franken eingesetzt hat. «Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg», räumte Emin Behramaj weitere kritische Nachfragen zu Standardisierung und Skalierung des Produkts aus dem Weg. Tobias Reichmuth räumte ein, dass auch das Marketing nochmals eine grosse Summe verschlingen dürfte. Auch wenn er das Produkt spannend fand, stieg er aus dem Bieter-Rennen aus. Anja Graf sah die Notwendigkeit eines solchen Produkts. Das Problem lag für sie aber im Design und in der Praktikabilität – «zu viele Ecken fürs Putzen» – und wollte deshalb ebenfalls nicht investieren. Jürg Schwarzenbach und Lukas Speiser verzichteten ebenfalls. Roland Brack wiederum hielt das Produkt für noch nicht ganz ausgereift, bot aber an, die Lösung ins Sortiment aufzunehmen, nachdem sie noch optimiert worden ist. Emin Behramaj muss also noch etwas weiterkämpfen – die Sympathien hat er dabei aber auf sicher.

Weitere Informationen zu den nächsten Sendungen: https://www.oneplus.ch/detail/1000604

get_footer();