Rage Applying: Aus Frust die Stelle wechseln?

Gemäss einer Befragung durch ein Personalberatungsunternehmen geben zwei Drittel der Berufstätigen (63 %) an, sich seit Jahresbeginn bereits für eine neue Stelle beworben zu haben. 56 % gaben an, dass sie durch ihr Arbeitsumfeld und dessen Toxizität dazu ermutigt wurden. Das nennt sich „rage applying“, also wahlloses Bewerben auf eine andere Stelle aus purem Frust.

Wegen einem schlechten Tag am Arbeitsplatz: Viele Berufstätige geben an, deswegen schon mal aus Frust ein Bewerbungsdossier an eine andere Firma verschickt zu haben. „Rage applying“ scheint ein neuer Trend zu sein. (Bild: Unsplash.com)

Kennen Sie das: Sie stecken im Stau und kommen zu spät zur Arbeit, an der GL-Sitzung werden alle Ihre Vorschläge abgeschmettert, und dann erfahren Sie noch, dass es wieder keine Gehaltserhöhung gibt. Sie sind frustriert und wollen sich am liebsten gleich woanders bewerben. Damit scheinen Sie in guter Gesellschaft zu sein. Der Trend des sog. „rage applying“, was man etwa mit „wutentbrannter Bewerbung“ oder „Frustbewerbung“ übersetzen könnte, scheint jeweils nach der Zeit der jährlichen Mitarbeitenden-Beurteilungsgesprächen einen Höhepunkt erreicht zu haben. Dieser Trend äussert sich darin, dass Mitarbeitende ihr CV an sehr viele Unternehmen schicken, weil sie gerade einen schlechten Tag bei der Arbeit hatten. Von jenen, die dies in diesem Jahr bereits getan haben, gibt fast die Hälfte (48 %) sogar an, sich innerhalb eines kurzen Zeitraums auf mehrere Anzeigen beworben zu haben. Dies sind die Ergebnisse einer neuen Umfrage, die die Personalberatung Robert Walters unter fast tausend Berufstätigen in der Schweiz durchgeführt hat.

Verantwortlich für „rage applying“: das Arbeitsumfeld

Als Hauptursache für das die massenhafte Versendung von Lebensläufen werden das Arbeitsumfeld und die Unternehmenskultur genannt, die einige Mitarbeiter als „toxisch“ empfinden (56 %). Danach geben 40 % an, dass sie durch eine ausbleibende Gehaltserhöhung oder Beförderung zu „rage applying“ ermutigt wurden. Christian Atkinson, Direktor von Robert Walters Switzerland,  kommentiert die Ergebnisse wie folgt: „Die Schweiz ist weiterhin ein bewerberorientierter Markt, was die Unternehmen in eine manchmal schwierige Lage bringt; sie können es sich daher nicht leisten, das ‚rage applying‘ zuzulassen. Während die Toxizität einer Umgebung manchmal unbemerkt bleiben kann, ist ihr Einfluss auf die Stimmung in den Teams sehr gross. Das führt zu Störungen bei Wohlbefinden, Produktivität oder Innovation. Um dem entgegenzuwirken, werden in den Einstellungsverfahren unserer Kunden immer häufiger ‚Culture Match‘-Etappen durchgeführt. Sie ermöglichen es, die Übereinstimmung zwischen den Erwartungen des Unternehmens und des Bewerbers zu beurteilen und zu sehen, ob das Team und der Arbeitsplatz zu ihm passen werden.“ Es sei nicht überraschend, dass Fachkräfte auch Wert auf Gehalt und Karriere legen würden, so Atkinson weiter. „Die gute Nachricht ist, dass diese Punkte für den Arbeitgeber viel einfacher zu handhaben sind. Daher empfehlen wir Unternehmen, sich über die Gehälter und Sozialleistungen auf dem aktuellen Markt zu informieren. Objektive Gespräche mit ihren Mitarbeitern über deren Ambitionen und Erwartungen zu führen, ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung.“

Fokus auf die Unternehmenskultur

Die Teams von Robert Walters würden immer häufiger beobachten, dass die Unternehmenskultur und die Kollegen zu wichtigen Kriterien bei der Jobsuche geworden sind. Diese Faktoren stehen auf gleicher Stufe wie die Flexibilität des Arbeitsplatzes oder die Sozialleistungen. Christian Atkinson gibt folgende drei Tipps, die Unternehmen bei der Verbesserung einer Unternehmenskultur berücksichtigen sollten:

  1. Stellen Sie die Unternehmenskultur ins Zentrum der Aufmerksamkeit des Topmanagements. Jeder Manager im Unternehmen ist für die Stimmung und die Atmosphäre in seinem Team verantwortlich. Das Thema sollte daher regelmässig vom Management in Erinnerung gerufen und die Führungskräfte hinsichtlich ihrer Handlungen und Entscheidungen herausgefordert werden.
  2. Starten Sie eine anonyme Umfrage. Dies ist eine einfache Initiative, die jedoch nur wenige Unternehmen umgesetzt haben. Zögern Sie nicht, offene Fragen zu stellen, die es Ihnen ermöglichen, genau zu verstehen, was die Mitarbeitenden im Sinn haben. Nehmen Sie alle Kommentare zur Kenntnis, um konkret zu verstehen, was schief läuft.
  3. Investieren Sie, sowohl Zeit als auch Geld. Die Unternehmenskultur entfaltet sich nicht von selbst. Das Büro ist ein Ort, an dem Teams zusammenkommen, um ihre Fähigkeiten zu entfalten. Das Unternehmen muss dann alles tun, um durch ein freundliches, soziales und integratives Umfeld die beste Chemie zu schaffen. Darüber gilt es, genau nachzudenken.

Quelle: Robert Walters

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