Von Rundstedt Arbeitsmarkt – Barometer 2024

Im Jahr 2023 erlebte der Arbeitsmarkt nach dem Corona-bedingten Wachstum der Vorjahre eine Normalisierung. Laut Pascal Scheiwiller, CEO der von Rundstedt, führten Unternehmen zahlreiche Restrukturierungs- und Personalabbau-Projekte durch, was eine Anpassung interner Kapazitäten und branchenübergreifende Entspannung des Fachkräftemangels zur Folge hatte.

(Bild: www.rundstedt.ch)

Jedoch bleibt der Mangel an Fachkräften in bestimmten Bereichen kritisch. Zudem zeichnen sich traditionelle Arbeitsmarktmuster ab, mit zunehmender Polarisierung zwischen verschiedenen Altersgruppen und Berufsgruppen und einer Rückkehr der branchen- und funktionsübergreifenden Mobilität auf das Vor-Corona-Niveau.

Die volkswirtschaftlichen Prognosen lassen die Vermutung zu, dass sich die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt 2024 weiter normalisieren und etwas nüchterner werden. Marktbedingte Restrukturierungen und die Fluktuation ganz allgemein werden wieder zunehmen.

Dieser Barometer 2024 bezieht sich auf die gesamte Schweiz und basiert auf den Informationen von 2’182 von einer Kündigung betroffenen Mitarbeitern und von 223 Unternehmen aus verschiedenen Branchen, welche 2023 in der Schweiz Kündigungen aussprechen mussten. Er ergibt somit ein repräsentatives Abbild des gesamtschweizerischen Arbeitsmarktes 2023. Im Folgenden die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:

Mehr Restrukturierungen und Personalabbau

Es ist mehr Bewegung im Arbeitsmarkt sichtbar. Dabei geschieht die Fluktuation wieder in beide Richtungen, die Unternehmen suchen nicht nur Leute, sie kündigen auch wieder vermehrt. Im Branchenvergleich war die Pharma/Life Sciences Branche am häufigsten von Kündigungen betroffen. Nach 17% (2021) und 26% (2022) in den Vorjahren, fallen 2023 sogar 30% der Kündigungen in diese Branche. Die Pharmabranche spürt den zunehmenden Druck vom Ausland und baut entsprechend Kapazitäten in der Schweiz ab und passt die Strukturen an. Überraschend klein ist die Betroffenheit im Finanzsektor. Mit nur 15% sind 2023 weniger Kündigungen ausgesprochen worden wie erwartet. Dies kann sich in den nächsten Monaten aber ändern, zumal das Ausmass der Redimensionierung im Rahmen der UBS/CS Restrukturierung erst im Jahr 2024 sichtbar wird.

Management und Supportfunktionen am stärksten betroffen

Arbeitnehmer in Management- und Supportfunktionen waren 2023 relativ stark betroffen. So betreffen 37% aller Kündigungen nicht operative Funktionen. Im Vorjahr waren es nur 29%. Auch im Hierarchievergleich wird klar, dass höhere Führungskräfte stärker betroffen sind als Fachkräfte. So ist die Betroffenheit bei Executives (neu 17%, im Vorjahr 12%) und Management (neu 34%, im Vorjahr 23%) stark angestiegen, während sie bei Fachkräften (neu 22%, im Vorjahr 38%) relativ zurückgegangen ist. Das zeigt den allgemeinen Trend, dass Strukturbereinigungen und Verschlankungen bei Unternehmen nicht primär in operativen Funktionen, sondern im Support und Management Bereich vorgenommen werden.

Die alten Muster kehren wieder zurück

Durch den konjunkturellen Fachkräftemangel der wachstumsgeprägten Jahre 2021 und 2022 haben sich gewisse typische Muster des Schweizer Arbeitsmarktes etwas zurückgebildet. Auch ältere Mitarbeiter und schwächere Profile haben durch den starken Arbeitsmarkt der vergangenen Jahre profitiert. Mit der Normalisierung im Jahr 2023 kehren diese alten Muster aber wieder zurück. Kündigungen haben zu 80% Mitarbeiter ab 40 Jahren betroffen, wobei die Altersgruppe 40-50 (41%) zum ersten Mal stärker betroffen war als die Altersgruppe Ü50 (39%). Dagegen fallen nur 2% der Kündigungen auf Arbeitnehmer unter 30 Jahren. Auch bei der Suchdauer ist das Altersphänomen klar ersichtlich. So ist die Suchdauer bei den jüngeren Arbeitnehmern unter 30 Jahren auf 3.1 Monate (Vorjahr 3.4 Monate) zurückgegangen. Bei allen anderen Altersgruppen hat die Suchdauer zugenommen, am meisten bei den 30-40 Jährigen (neu 5.6 Monate, im Vorjahr 4.2 Monate). Seit 2022 nimmt auch die Flexibilität der Unternehmen bei der Rekrutierung von Bewerbern aus anderen Branchen wieder ab. Der in der Schweiz allgemein starke Branchenkult macht sich wieder stärker bemerkbar. So ist der Anteil der erfolgreichen Branchenwechsel wieder auf Vor-Corona Niveau gesunken, nämlich auf 43% (nach 52% im Jahr 2021 und 48% im 2022). Das Zurückkehren dieser alten Muster zeigt auf, dass 2023 der Druck des konjunkturellen Fachkräftemangels stark zurückgegangen ist und Unternehmen nur noch in den spezifischen Bereichen des strukturellen Fachkräftemangels zu grösserer Flexibilität bereit sind.

Jüngere Arbeitnehmer sind die Gewinner

An verschiedenen Parametern wird sichtbar, dass die jüngeren Arbeitnehmer 2023 klar zu den Gewinnern gehören. Mit 2% waren sie kaum von Kündigungen betroffen. Wenn sie auf Stellensuche sind, finden sie sehr rasch eine neue Stelle. Sie brauchen dazu durchschnittlich nur 3.1 Monate (Gesamtdurchschnitt über alle Altersklassen 6.1 Monate). Und sie profitieren beim Stellenwechsel auch am meisten von Salärerhöhungen. Mit einem Plus von durchschnittlich 13% (im Vorjahr 9%) verzeichneten sie den mit Abstand grössten Salärsprung nach einem Stellenwechsel. Im Vergleich dazu betrug die altersübergreifende Salärsteigerung beim Stellenwechsel durchschnittlich 3%.

Längere Suchdauer, aber nicht für alle

Für Stellensuchende ist es zum ersten Mal seit der Coronakrise auf dem Arbeitsmarkt wieder schwieriger geworden. Das zeigt die Dauer bei der Stellensuche. Nach 5.3 Monaten (2021) und 5.2 Monaten (2022) ist die durchschnittliche Suchdauer 2023 wieder auf 6.1 Monate angestiegen. Dieser Anstieg betrifft fast alle Altersgruppen. Die Ü50 verzeichnen eine Suchdauer von 6.6 Monaten, die 40-50 Jährigen 6.0 Monate und die 30-40 Jährigen 5.6 Monate. Nur die jüngeren Arbeitnehmer unter 30 Jahre sind nicht vom allgemeinen Anstieg betroffen. Sie verzeichnen neu eine Suchdauer von nur 3.1 Monaten (Vorjahr 3.4 Monate). Wenn wir die Suchdauer altersunabhängig nach Schwierigkeitsgrad der Profile betrachten, ist die Polarisierung um einiges auffälliger. So benötigen schwierige Berufsprofile im Durchschnitt 9.1 Monate, bis sie eine neue Stelle finden. Leichte und gesuchte Profile brauchen nur gerade noch 3.1 Monate. Das zeigt auf, dass Unternehmen sehr schnell rekrutieren, wenn es um stark gesuchte Profile geht.

(Bild: www.rundstedt.ch)

Verdeckter Arbeitsmarkt gewinnt wieder an Wichtigkeit

Nicht nur die Stellenmeldepflicht, sondern vor allem auch die zunehmende Digitalisierung der Rekrutierungsprozesse der Unternehmen (Stellenplattformen) haben dazu geführt, dass in den letzten Jahren immer mehr Stellensuchende die neue Stelle über öffentliche Stellenausschreibungen gefunden haben. Im letzten Jahr erfolgte der Stellenerfolg bei 48% der Fälle über öffentliche Ausschreibungen. 2023 ist dieser Wert mit 42% etwas zurückgegangen, und zwar zu Gunsten des verdeckten Arbeitsmarktes, der 2023 zum ersten Mal wieder wichtiger wurde. 35% (im Vorjahr 28%) der Sucherfolge sind dank informellen Netzwerken, Kontakten und Informationen zustande gekommen. Das ist ein klares Indiz dafür, dass 2023 vermehrt dynamische Umstrukturierungen stattgefunden haben, wo vor allem bei KMU-Firmen spezifische Positionen rasch und pragmatisch ohne grosse Ausschreibungsverfahren besetzt wurden.

Positive Salärentwicklung

Obwohl viele Schweizer Unternehmen trotz erhöhter Inflation keine grossen Lohnrunden eingeläutet haben, war der Lohndruck auf dem Arbeitsmarkt 2023 trotzdem spürbar. Bei Neueinstellungen haben 57% der neuen Arbeitnehmer von einem Saläranstieg profitieren können. Nur 22% mussten ein tieferes Salär in Kauf nehmen. Während im Falle von Direktabwerbungen der durchschnittliche Saläranstieg 14% betragen hat, war er bei Stellensuchenden nach Stellenlosigkeit mit 3% etwas bescheidener. Wenn wir die Gehaltsveränderungen nach Alter betrachten, so profitierten vor allem die jüngeren Arbeitnehmer unter 30 Jahren mit einem Plus von 13%, gefolgt von der Altersgruppe 30-40 Jahre mit 7% und der Gruppe 40-50 Jahre mit 4%. Nur die Altersgruppe der Ü50 hat insgesamt bei einer Neueinstellung eine Einbusse von -8% hinnehmen müssen. Dieser Wert ist auch damit zu erklären, dass ein grosser Teil der Ü50 nach Stellenlosigkeit Kompromisse eingehen mussten. Wer also im höheren Alter seine Stelle verliert, muss damit rechnen, sein Gehalt nicht halten zu können.

(Bild: www.rundstedt.ch)

Quelle: www.rundstedt.ch

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