Zwei Drittel aller Schweizer arbeiten auch in den Ferien

Die Ferien sollten eigentlich der Erholung dienen, doch die Realität sieht oft anders aus: Laut einer aktuellen Umfrage der weltweit grössten Jobseite Indeed arbeiten 65 Prozent der Schweizer gelegentlich oder regelmässig in den Ferien.

Workation statt Entspannung: Viele Schweizer arbeiten auch während ihrer Ferien. (Bild: Depositphotos.com)

Die Sachlage ist eigentlich gesetzlich klar geregelt: „Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen […]“, so steht es seit 1972 in Artikel 328 des Schweizer Obligationenrechts. Eine aktuelle Umfrage legt jedoch nahe, dass viele Arbeitnehmende in der Schweiz während ihrer Ferien nicht vollständig vom Berufsalltag losgelöst sind. Zudem scheinen die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen immer mehr Menschen unter Druck zu setzen, auch aus eigenem Antrieb das Firmenhandy während ihrer Auszeit im Blick zu behalten. Die Umfrage führte das Marktforschungsinstitut Appinio im Auftrag des Jobportal-Betreibers Indeed im Zeitraum von 18. bis 23. Juli 2025 unter 500 erwerbstätigen Personen in der Schweiz durch.

Mehr als die Hälfte arbeitet in den Ferien

65 Prozent der befragten Arbeitnehmenden in der Schweiz geben an, in den Ferien zu arbeiten. 23,6 Prozent davon tun das sogar regelmässig, 41,4 Prozent immerhin gelegentlich. Nur 16 Prozent arbeiten hingegen gar nicht während ihrer bezahlten Auszeit.

Die Gründe für den hohen Anteil der arbeitenden Schweizer liegen vor allem bei den Arbeitgebern: Fast jeder zweite Befragte (42,1 Prozent) wurde schon in den Ferien zu beruflichen Themen kontaktiert. Zusätzlich zu der mangelnden Rücksichtnahme wird von 13,3 Prozent Arbeitsbereitschaft in den Ferien sogar explizit von ihren Vorgesetzten erwartet. Auch von den Arbeitnehmenden selbst geht teilweise die Initiative aus, jederzeit beruflich erreichbar zu bleiben. 28,1 Prozent verfolgen eigenständig die Geschehnisse, um nichts zu verpassen. Nur 18,1 Prozent geben an, auch gerne in den Ferien zu arbeiten.

Wirtschaftliche Lage erhöht den Druck auf Arbeitnehmende

Angesichts der Schweizer Konjunkturschwäche und der Gefahr, von KI ersetzt zu werden, empfinden 41,8 Prozent der Befragten Druck, sich in den Ferien mit der Arbeit zu beschäftigen. 25,5 Prozent dieser Befragten verfolgen angesichts der aktuellen Situation das Geschehen im Job aufmerksamer als früher, ohne aktiv zu werden. Währenddessen geben 16,2 Prozent an, heute deutlich häufiger erreichbar zu sein. Zehn Prozent der Befragten empfinden Stress in die entgegengesetzte Richtung: Ihnen ist es angesichts der aktuellen Lage umso wichtiger, abzuschalten.

Vor- und Nachbereitung der Ferien wird zur Belastung

Unabhängig davon, ob in den Ferien gearbeitet wird oder nicht: Auch die Vorbereitung auf die Ferien stellt für viele eine zusätzliche Belastung dar: 75,2 Prozent der Befragten gaben an, vor ihren letzten Ferien Mehrarbeit geleistet zu haben, um ihre Abwesenheit angemessen vorzubereiten. Bei 17 Prozent nimmt das sogar über fünf Stunden in Anspruch. Und kaum ist die freie Zeit vorbei, steht für die Angestellten häufig noch mehr Stress an: 53,8 Prozent hatten während ihrer Abwesenheit keine Vertretung oder empfanden diese als unzureichend. Diese Belastung vor und nach den Ferien könnte dazu beigetragen haben, dass mehr als die Hälfte (54,4 Prozent) der Befragten sich nach ihrer letzten Auszeit nicht wirklich erholt gefühlt hat.

Fragwürdige Arbeitskultur?

„Dass die Mehrheit der Schweizer selbst in den Ferien arbeitet, ist ein klares Zeichen dafür, dass wir über die Arbeitskultur sprechen müssen. Echte Erholung ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit für langfristige Leistungsfähigkeit. Statt die Verantwortung allein auf die Mitarbeitenden abzuwälzen, sollten Unternehmen proaktiv für Entlastung sorgen: mit klaren Übergabeprotokollen und Stellvertretungen, die diesen Namen auch verdienen. Eine Unternehmenskultur, die die Abwesenheit einzelner Teammitglieder respektiert, ist für alle Beteiligten ein Gewinn. Gleichzeitig können auch Arbeitnehmende die Weichen für erholsame Ferien stellen. Anstatt nur passiv zu entspannen, hilft es, aktiv abzuschalten: Aktivitäten wie eine Wanderung mit Freunden oder eine Velotour mit der Familie laden den Akku nachweislich besser auf, als den Tag am Smartphone zu verbringen“, kommentiert Dr. Stefanie Bickert, Arbeitsmarktexpertin bei Indeed, die Ergebnisse.

Quelle: Indeed

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