Für mehr „Me-Time“: Viele Schweizer Beschäftigte wollen weniger arbeiten

Trotz handelspolitischer Untersicherheiten oder zurückhaltender Einstellungsabsichten: 62 Prozent der Beschäftigten in der Deutschschweiz würden gerne weniger arbeiten. Der Grund ist der Wunsch nach mehr Me-Time. Das geht aus dem XING Arbeitsmarktreport 2025 hervor, den das Jobs-Netzwerk gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Appinio zum zweiten Mal unter 500 Beschäftigten in der Deutschschweiz durchgeführt hat.  

Die wichtigsten Gründe, weshalb Schweizerinnen und Schweizer nicht länger arbeiten wollen. (Grafik: XING / New Work SE)

Handelspolitische Unsicherheiten, Fachkräftemangel, stärkere Automatisierung in Betrieben sowie zurückhaltende Einstellungsabsichten von Unternehmen: Der Schweizer Arbeitsmarkt kämpft mit Herausforderungen. Die angespannte Wirtschaftslage verschärft die Situation für Arbeitnehmende, Unternehmen und Volkswirtschaft – zumal mit dem Pensionseintritt der Babyboomer weitere Engpässe drohen.

Einen Grund, deshalb mehr zu arbeiten, sehen Beschäftigte in der deutschsprachigen Schweiz deshalb aber nicht: 58 Prozent halten Mehrarbeit für den Wohlstandserhalt für nicht nötig. Im vergangenen Jahr waren es noch 55 Prozent. Deutliche Unterschiede gibt es dabei zwischen den Geschlechtern und Generationen: Frauen (60 %) verneinen die Notwendigkeit kategorischer als Männer (56 %). Das „Nein“ zur Mehrarbeit nimmt auch mit dem Alter zu. Sind bei den 18- bis 24-Jährigen mit 48 Prozent weniger als der Durchschnitt dieser Meinung, sind es bei Beschäftigten über 55 Jahren ganze 65 Prozent. 

Wunsch nach mehr Me-Time, weniger Stress und mehr Zeit für Familie und Freunde

62 Prozent der Beschäftigten in der deutschsprachigen Schweiz würden sogar gerne weniger arbeiten. Nach den Gründen dafür gefragt, sagen 64 Prozent, sie hätten gerne mehr Zeit für sich – etwa für Hobbies oder persönliche Projekte. 50 Prozent hätten gerne weniger Stress, 44 Prozent mehr Zeit für Verwandte und Freunde. Nur 13 Prozent würden gerne weniger arbeiten, um mehr Zeit für Care-Arbeit zu haben.

Bei der Frage nach mehr oder weniger Arbeit fallen vor allem die 35- bis 44-Jährigen auf, die überdurchschnittlich oft weniger arbeiten wollen (77 %). Bei jenen, die nur wenige Jahre älter sind – den 45- bis 54-Jährigen – sind es schon nur mehr 46 Prozent (18 bis 24 Jahre: 68 %, 25 bis 34 Jahre: 67%, 55 bis 65 Jahre: 55 %).

Die Befragten sind generell weniger zufrieden mit der Vereinbarkeit von ihrem Berufs- und Privatleben als noch im letzten Jahr: 58 Prozent sind „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“ (2024: 60 %). 4 Prozent (2024: 3 %) sind „sehr unzufrieden“ oder „unzufrieden“.  

„Die Ergebnisse zeigen: Menschen wollen arbeiten – aber unter Bedingungen, die ein gesundes, erfülltes Leben ermöglichen“, sagt Thomas Kindler, Managing Director des Jobs-Netzwerks XING. „Dass die Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben gefallen ist, ist nicht optimal. Unternehmen sollten Flexibilität und individuelle Arbeitszeitmodelle als Stellschrauben nutzen, um den Herausforderungen des Arbeitsmarktes zu begegnen und die Motivation von Beschäftigten zu stärken.“ 

Finanzielle Anreize als Motivator für Mehrarbeit 

Diejenigen, die nicht weniger arbeiten wollen (38 %), geben dafür in erster Linie finanzielle Beweggründe (62 %) an – sie brauchen das Geld. Grosser Spass an der Arbeit ist ebenso für viele (55 %) der ausschlaggebende Faktor. Bei denen, die auch tatsächlich bereit wären, mehr zu arbeiten als im Moment (43 %), spielt ebenfalls das Geld die entscheidende Rolle (65 %) – doch auch hier liegt Spass an der Arbeit mit 41 Prozent an zweiter Stelle.  

Als Anreiz für freiwillige Mehrarbeit liegen monetäre Aspekte vorne: Bonuszahlungen und Prämien sind der stärkste Motivator (51 %), darauf folgen ein deutlich höheres Gehalt über die anteilige Stundenzahl hinaus (45 %), zusätzliche Urlaubstage (44 %), ein höheres Gehalt anteilig zur geleisteten Stundenzahl (42 %), sowie steuerliche Anreize (31 %). 

Beschäftigte spüren Fachkräftemangel und schwierige Konjunktur im Arbeitsalltag 

Tendenziell sorgenvoll blicken Beschäftigte in der deutschsprachigen Schweiz auf ihre persönlichen Perspektiven am Arbeitsmarkt. Die Chancen, derzeit einen neuen Job zu finden, werden eher pessimistisch eingeschätzt: 61 Prozent finden es „eher“ bis „sehr schwierig“ (2024: 62 %), nur 39 Prozent schätzen es als „überhaupt nicht schwierig“ bis „eher nicht schwierig“ (2024: 38 %) ein. Ebenso ist der Fachkräftemangel bei vielen im Alltag spürbar: 36 Prozent berichten von Schwierigkeiten, passendes Personal zu finden. 23 Prozent davon, dass ihr Stresslevel zugenommen hat und 22 Prozent von einer erhöhten Arbeitsbelastung.

20 Prozent geben an, es gebe schlechte Stimmung und Motivationsprobleme im Team und ebenso viele, dass die Qualität der Arbeit leide, da viele zusätzliche Aufgaben übernommen werden müssten. 18 Prozent haben mehr Verantwortung übertragen bekommen. 14 Prozent spüren eine sinkende Kundenzufriedenheit. Allerdings geben weniger Beschäftigte als im Vorjahr an (2025: 9 %; 2024: 13 %) an, dass sich ihr Unternehmen nun verstärkt um die Anliegen der Mitarbeiter kümmere, um diese zu halten. „Es gibt hier ganz klaren Handlungsdruck“, sagt Thomas Kindler. „Es ist für Unternehmen deutlich aufwändiger und teurer, neue Mitarbeitende zu rekrutieren und einzuarbeiten als bestehende zu halten, gerade dann, wenn es um hochqualifizierte Fachkräfte geht. Die Zahlen zeigen, dass viele Menschen bereit sind, mehr zu leisten und mehr zu arbeiten, wenn man ihnen die richtigen Anreize bietet. Spass an der Arbeit ist für viele Menschen genauso wichtig wie Geld. Und auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gilt: Motivation und Wertschätzung kosten nichts ausser gut investierte Zeit.“

Quelle: https://www.xing.com/

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