Zürcher KMU stellen Digitalisierung und KI in den Brennpunkt
Gemäss dem neuesten «KMU ZH Monitor», herausgegeben von der ZKB, schätzen die befragten Unternehmen ihre wirtschaftliche Lage als solide ein, doch die Stimmung hat sich verschlechtert. Der Fachkräftemangel ist weiterhin die grösste Herausforderung, nimmt aber deutlich ab. Digitalisierung und KI holen auf.

Die jährliche Studie «KMU ZH Monitor», durchgeführt von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) im Auftrag der Zürcher Kantonalbank, beleuchtet die aktuelle Lage der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Kanton Zürich. 2025 nahmen 1195 KMU an der Umfrage teil, was einen Rekord darstellt. Trotz einer insgesamt soliden Einschätzung der wirtschaftlichen Lage, erwarten die KMU eine leichte Verbesserung, wobei die Stimmung im Vergleich zu den Vorjahren merklich pessimistischer ist. Besonders vor dem Hintergrund geopolitischer Unsicherheiten wie den US-Handelszöllen wird die wirtschaftliche Zukunft zunehmend mit Vorsicht betrachtet.
Die größten Herausforderungen für die Unternehmen bleiben der Fachkräftemangel, der jedoch im Vergleich zum Vorjahr rückläufig ist. Besonders betroffen sind die Branchen Bau/Architektur sowie Gastronomie/Hotellerie. Auch die Themen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz gewinnen zunehmend an Bedeutung, wobei größere Unternehmen hier tendenziell stärker betroffen sind. Cybersecurity und Internetkriminalität haben ebenfalls an Relevanz gewonnen, da viele KMU in den letzten Jahren Opfer von Cyberangriffen wurden.
Die Liquiditätssituation der KMU zeigt eine große Spreizung: Während fast 30 % der Unternehmen über Reserven von mehr als drei Monaten verfügen, haben einige Firmen sogar genug Mittel, um ihre Ausgaben für mehrere Monate zu decken. Dies trägt zur Resilienz der KMU bei, die in den vergangenen Jahren mit Krisen wie der Corona-Pandemie und dem Fachkräftemangel konfrontiert waren.

Ein weiteres zentrales Thema ist die Unternehmensnachfolge. Rund 50 % der KMU müssen in den nächsten zehn Jahren eine Nachfolgelösung finden, da viele Unternehmer der Baby-Boomer-Generation in den Ruhestand gehen. Dies stellt eine enorme Herausforderung dar, da es immer schwieriger wird, geeignete Nachfolger zu finden. Experten empfehlen eine frühzeitige Planung, um die Unternehmensnachfolge reibungslos zu gestalten und zukünftige Probleme zu vermeiden.
Quelle: ZKB
Auswirkungen der US-Zölle für den Kanton Zürich
Einschätzung von Kevin Gismondi, Ökonom Schweiz, Zürcher Kantonalbank
Die Auswirkungen der US-Zölle auf die Kantone sind sehr unterschiedlich. Viele Kantone exportieren rund 15 bis 25 ihrer Güter in die USA und bewegen sich damit nahe am Schweizer Durchschnitt von 17 Prozent. Der Kanton Zürich ist mit einem Anteil von 11 Prozent dagegen unterdurchschnittlich betroffen.
Entscheidend ist aber auch, wie die US-Exportwerte im Vergleich zur kantonalen Wirtschaftsleistung einzuordnen sind. In den meisten Kantonen sind ungefähr fünf Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) betroffen. Beim Kanton Zürich ist es mit nur zwei Prozent deutlich weniger. Zürcher Unternehmen exportierten in den letzten vier Jahren im Durchschnitt weltweit Waren im Wert von fast 30 Milliarden Franken. Der Anteil an von US-Zöllen betroffenen Produkten liegt bei rund 2 Milliarden Franken. Hierzu
gehören vor allem Produkte aus der Uhren-, Präzisionsinstrumenten-, Metall- und Maschinenindustrie.Der Dienstleistungssektor hat im Kanton Zürich mit 87 Prozent einen deutlich höheren Anteil am BIP als in der Gesamtschweiz. Die Wertschöpfung erfolgt dort vorwiegend lokal und ist von den Zöllen nicht tangiert. Insgesamt ist der Kanton Zürich also aufgrund seiner Wirtschaftsstruktur und der geringeren Abhängigkeit von den USA weniger stark vom Handelskonflikt betroffen als andere Kantone oder die Gesamtschweiz. Auch bei allfälligen Zöllen auf Pharmaprodukte wäre der Kanton Zürich weniger stark exponiert als die Gesamtschweiz. Dennoch werden auch die Zürcher Exportunternehmen sowie einige international ausgerichtete Dienstleister die schwächere Nachfrage direkt und indirekt zu spüren bekommen, was die Wachstumsaussichten dämpft.
Für einzelne kleine Exportunternehmen sind die Zölle existenzbedrohend. Je länger der Zollsatz in Kraft ist, desto stärker werden in der zyklischen und preissensitiven Industriebranche die Auswirkungen sichtbar. KMU, die im Inland produzieren und viel in die USA exportieren, sind stärker exponiert als Grossunternehmen. Sie haben oft keinen Standort im Ausland und schnelle Produktionsverlagerungen sind vielfach nicht möglich.



