Matcha matcht in der Höhle der Löwen

Fünf Business Cases, drei Deals: Das war die Sendung von «Die Höhle der Löwen Schweiz» vom 2. September 2025. Und für einmal war auch eine wirkliche Innovation eines Alltagsgegenstands darunter.

Sorgten bei den Investoren mit ihrem Pitch für Furore – und am Schluss hat es «gematch(a)t»: Camille und Maresa mit ihrer Matcha-Soda «Soully». (Bild: Screenshot CH Media)

Den Auftakt der Sendung vom 2. September machten drei Herren in den 30ern: David, Fabian und Patrick. Alle sind sie sport- und fitnessbegeistert und wollen mit ihrer Plattform «Obseed» durchstarten. Auf dieser sollen Trainingsdaten, die über Ringe, Smartwatches oder Fitnessarmbänder aufgezeichnet werden, besser und ganzheitlicher ausgewertet werden können. Denn viele Wearables würden fehlerhafte Daten aufzeichnen, erklärten die drei Gründer. Und dies löse letztlich einen gegenteiligen Effekt aus: Wer aufgrund falscher Daten trainiere, schade seiner Gesundheit. So weit so nachvollziehbar, doch wirtschaftlich stehen die drei erst am Anfang, wie zu erfahren war. In den nächsten 12 Monaten wollen sie 15’000 Nutzer akquirieren und 1500 Abos zum Preis von 10.90 Franken verkaufen. Für diese Skalierung riefen sie einen Kapitalbedarf von 350’000 Franken gegen eine Beteiligung von 15 Prozent auf. Die Löwen waren skeptisch: Felix Bertram sah keinen entscheidenden Unterschied zu anderen Trainings-Apps. Jürg Schwarzenbach schwört weiter auf seine Smartwatch, die ihm meldet, wann er sich wieder mehr bewegen sollte. Lukas Speiser wies auf eine Trendwende hin: Viele Anwenderinnen und Anwender solcher Wearables messen zunehmend nur noch einen Wert. Bettina Hein zeigte sich grundsätzlich interessiert, wollte aber der weiteren Entwicklung mehr Zeit einräumen. Und Roland Brack schliesslich hielt die Lösung schlicht nicht für massentauglich. Somit mussten David, Fabian und Patrick ohne Deal wieder abziehen. Ihre Ambition, gegen Player wie Garmin antreten zu wollen, war wohl zu dick aufgetragen.

Mit authentischer Begeisterung zum Deal

Camille Zingg und Maresa Tennigkeit sind zwei aufgestellte junge Frauen, die eben ihr BWL-Studium abgeschlossen haben. Während ihres Studiums haben sie das Trend-Getränk Matcha entdeckt und schwören auf dessen belebender Wirkung. Sie fragten sich aber: Lässt sich Matcha auch in Form eines Soda-Getränks auf den Markt bringen? Sie gingen gleich ans Werk und entwickelten innerhalb von sieben Monaten ein Produkt namens «Soully». Nach einer Testphase in vier Städten wollen sie Soully nun grösser machen und benötigen 80’000 Franken zur Stärkung der Vertriebskanäle und Erhöhung der Markenpräsenz. 20 Prozent Firmenanteile warfen sie in die Waagschale. Ihre Begeisterung sowie auch das Produkt schmeckte den Löwen und der Löwin. Gleich drei machten ein Angebot: Nicole Büttner-Thiel wollte 25 Prozent für ihre 80’000 Franken, Felix Bertram – «I want the case» – bot 80’000 Franken gegen 20 Prozent Firmenbeteiligung. Tom Zimmermann bot ebenfalls so viel und versprach zudem Unterstützung beim Vorstoss in die Bio-Branche. Lukas Speiser fand den Getränkemarkt zu kompetitiv und verzichtete auf ein Angebot, schweren Herzens auch Roland Brack mit den Worten «Matcha ist nicht so mein Ding». Camille und Maresa konnten es zuerst gar nicht fassen, gleich drei Angebote zu kriegen. Nach kurzer Beratung nahmen sie das Investment von Tom Zimmermann an. Ihr authentischer und professionell vorgetragener Pitch wurde belohnt – es hat «gematch(a)t».  

Markus Seiser präsentiert seinen klappbaren Kleiderbügel «Scosh». (Bild: Screenshot CH Media)

Alltagsgegenstand neu erfunden

Erfindungen, die die Welt nicht braucht, gibt es viele. Doch Marcus Seiser aus Münchenstein BL ist überzeugt: Sein klappbarer Kleiderbügel «Scosh» (Abkürzung von Sustainable Clothing on Smart Hanger») ist revolutionär. Einklappbar, mit einer Hand bedienbar, hergestellt aus recycliertem Kunststoff – damit lassen sich Oberteile unkompliziert aufhängen. Auch reisetauglich ist der Bügel. Als Zuschauer fragte man sich: Weshalb ist man eigentlich nicht schon früher auf diese Idee gestossen? Dieser Meinung schienen auch die fünf Löwen zu sein. Sie fanden aber den Preis – Kleiderbügel sind bekanntlich ein Massenprodukt – noch zu hoch. Ein 3er-Paket kostet 19.95 Franken – bei Herstellkosten von 1.30 pro Stück liegt da gleichwohl eine schöne Marge drin. 100’000 Franken gegen 15 Prozent Firmenbeteiligung wollte Markus als Investment, um das Produkt nun massentauglich zu machen. Denn mit dem 2024 erwirtschafteten Umsatz von 1000 Franken ist wohl noch kein Staat zu machen. Doch das Potenzial scheint enorm (Verkauf von 60’000 Packungen 2025, danach von Jahr zu Jahr Verdoppelung), aber da Anja Graf und Nicole Büttner-Thiel als Investorinnen dennoch nicht mitmachen wollten, sah Markus seine Felle schon etwas davonschwimmen und rührte nochmals die Werbetrommel für sich. Und siehe da: Roland Brack machte ein Angebot: 100’000 Franken gegen 30 Prozent. Auch Tom Zimmermann bot diese Summe, wollte aber nur 25 Prozent Beteiligung. Felix Bertram wiederum streckte die Waffen. Markus Seiser wollte unbedingt Roland Brack als Investor und fragte diesen, ob er auch bei 25 Prozent Firmenanteile mitmachen wolle. Dieser willigte ein, der Deal war perfekt und Markus war überglücklich.

Trotz Startup-Award kein Deal

Ebenfalls mit Erfindungen wollten Michael Wiener und Irene Abrigo punkten. Mit der Marke «Dolfinos» wollen sie Musikerinnen und Musikern das Leben erleichtern. Ihr bekanntestes Produkt ist die All-in-One-Stütze für Violine und Viola. Dafür hat das Unternehmen den ersten Preis beim Swiss Startup Award gewonnen. Im Gepäck hatten sie aber auch einen innovativen Notenständer, geeignet für klassische Notenblätter, aber auch für Tablets und Smartphones. Alles passt auf ein Stativ, kompakt und durchdacht – eine echte Weiterentwicklung eines Produkts, das seit über 100 Jahren unverändert viele Musikzimmer und Konzertsäle beherrscht. Mit Dolfinos wollen die beiden nun ebenfalls in die Grossproduktion einsteigen. Die Vorzüge der kombinierten Kinn- und Schulterstütze für Geigen und Bratschen wiederum zeigte Violinistin Irene Abrigo gleich selbst. Seit sie diese verwendet, hat sie kaum mehr Nackenschmerzen nach langem Üben. Innerhalb von Musiker-Kreisen dürften die Produkte von Dolfinos grossen Anklang finden. Mit Top-Instrumentalisten als Markenbotschafter konnten bisher 1500 Kundinnen und Kunden gewonnen werden. Doch die Löwin Nicole Büttner-Thiel und auch die anderen vier Investoren fanden den Case zu «nischig». Sie waren nicht bereit, 225’000 Franken gegen 4 Prozent Firmenbeteiligung aufzuwerfen. Trotzdem zollten sie Michael und Irene viel Respekt, für einen Deal reichte es nicht. «Es hat nicht gegeigt», sagte Felix Bertram zum Schluss.

Für sie hing der Himmel leider nicht voller Geigen: Trotz ansprechender Präsentation ihres innovativen Produkts gab es keinen Deal für Irene und Michael von «Dolfinos». (Bild: Screenshot CH Media)

Vorstoss in eine Marktlücke

Im letzten Case dieser Sendung ging es um eine Haustierversicherung. Jenny, Marlo und Annina haben Calingo Insurance gegründet, eine Art «Krankenkasse» für Hunde und Katzen. Damit wollen sie eine Marktlücke nutzen, denn viele Haustierbesitzer betrachten ihr Tier als Lieblingsmitglied im Haushalt und unternehmen fast alles für das Wohl ihrer Lieblinge. Die Petfood-Industrie und auch die Tiermedizin macht dies mit. Es gibt immer mehr Behandlungsmethoden, um das Leben der Vierbeiner zu verlängern. Und das kostet natürlich viel Geld – zu viel für manche Tierbesitzer. Calingo springt hier als Versicherung in die Bresche, auch Vorerkrankungen des Tiers sind kein Ausschlusskriterium. Ferner bietet Calingo Beratung via Chat, Video oder Telefon, viele Prozesse sind digitalisiert. Das Ziel ist aber, eine umfassende Gesundheitsplattform für Hunde und Katzen aufzubauen. 150’000 Franken gegen 1 Prozent (das bedeutet eine Firmenbewertung von 15 Millionen!) standen als Kapitalbedarf im Raum, was unter den anwesenden Löwen ein paar vielsagende Blicke auslöste. Auch die vergleichsweise hohe Prämie von 440 Franken pro Jahr für eine Katze wurde mit «Das ist teuer!» kommentiert. Trotzdem sahen sie grosses Potenzial. Einzig Lukas Speiser stieg schnell aus, weil das Versicherungsgeschäft wegen des grossen Automatisierungsaufwands für ihn zu wenig profitabel schien. Jürg Schwarzenbach hingegen bot die 150’000 Franken, wollte aber 1,3 Prozent dafür, Bettina Hein schloss sich da gleich an. Auch Roland Brack bot dieselbe Summe, allerdings gegen 1,5 Prozent Beteiligung. Nach kurzer Beratung akzeptierten die drei Gründer das Angebot von Roland Brack. Beide Seiten witterten hier die besten Chancen für Zusatzgeschäfte im Zusammenhang mit Haustier-Produkten. Felix Bertram, selbst Hundebesitzer, ist schon in Calingo investiert und trat deshalb in den Ausstand.

Jenny, Marlo und Annina von Calingo Insurance zogen mit ihrer Haustierversicherung erfolgreich einen Deal an Land. (Bild: Screenshot CH Media)

Fazit dieses Abends: Authentizität und Begeisterung, realistische Marktabklärungen und Innovationsgeist zeigten sich als Erfolgsrezepte, um Investorinnen und Investoren zu überzeugen. Und einmal mehr zeigte sich auch, dass Nischenprodukte oder Business Cases, die in einen Verdrängungsmarkt vorstossen wollen, es schwer haben, Geldgeber zu finden.

Hier geht es zur Sendung: https://www.oneplus.ch/catalog/1000604

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