KMU-Tag 2025: KMU bewegen – Emotionen und Führung

Emotionen und ihr Einfluss auf die Unternehmen standen im Zentrum des diesjährigen Schweizer KMU-Tags in St.Gallen. Rund 1200 Gäste hörten unter dem Titel «KMU bewegen – Power of Emotions» Erfahrungsberichte und Tipps im Umgang mit Emotionen von Unternehmern wie André Lüthi, Thomas Borer und Joey Kelly.

Miriam Rickli (ganz links) im Gespräch mit Michel Péclard und Sandra-Stella Triebl. (Bild: Thomas Berner)

Am Freitag nach der OLMA trafen sich zum 22. Mal Führungskräfte aus Klein- und Mittelunternehmen (KMU) zu «ihrem» Schweizer KMU-Tag, diesmal moderiert von Miriam Rickli. Gastgeber Tobi Wolf präsentierte die Ergebnisse der jährlichen KMU-Tag-Studie. Ein zentrales Ergebnis: Über 70 Prozent der befragten Führungskräfte sind überzeugt, dass Emotionen im Geschäftsalltag heute eine deutlich grössere Rolle spielen als noch vor zehn Jahren. Gleichzeitig fühlen sich fast 80 Prozent der Mitarbeitenden auf den unteren Führungsebenen nur gering emotional an ihr Unternehmen gebunden – ein klares Signal für den Handlungsbedarf in Schweizer KMU.

KMU zwischen eigener Spur und internationalen Herausforderungen

In ihren Auftritten beleuchteten Tourismuspionier André Lüthi und Ex-Diplomat Thomas Borer die Bedeutung von gelebter Leidenschaft und die Herausforderungen durch globale Machtpolitik und boten den Gästen wertvolle Impulse für die Zukunft. André Lüthi (Globetrotter Group AG) nahm das Publikum mit auf eine emotionale Reise. Unter dem Titel «Gelebte Leidenschaft» plädierte er für mehr Mut, die eigene Spur zu ziehen und sich nicht nur an Lehrbüchern zu orientieren. «Ich habe etwas gegen Excel-Taliban», so André Lüthi. Die wichtigste Aufgabe einer Führungskraft sei es vielmehr, «ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Mitarbeitende selbst motivieren können». Dazu gehört etwa, dass in seinem Unternehmen den Mitarbeitenden pro Jahr zwölf Wochen Reisezeit gewährt wird, fünf davon bezahlt. Dies sei, so André Lüthi, gewissermassen sein Marketing-Budget. Angesprochen auf die Vereinbarkeit von Umwelt und Tourismus wünschte er sich, dass mehr Geld investiert wird, um das Fliegen ökologischer zu machen. «Denn das Reisen kann man nicht verbieten», so Lüthi. Er appellierte, dass man eher auf kurze Städteflüge «zwischendurch» verzichten solle, um dafür alle paar Jahre mal eine längere Reise zu unternehmen.

Golf spielen mit Donald Trump?

Anschliessend holte Thomas Borer die Teilnehmenden in die harte Realität der Weltpolitik zurück. Der ehemalige Diplomat analysierte die «Auswirkungen der geopolitischen Herausforderungen auf die Schweizer KMU». Er beschrieb die aktuelle Weltlage als «raues Meer», das geübte Seefahrer erfordere. Insbesondere die Politik von US-Präsident Donald Trump und die damit verbundenen Zölle stellten für Schweizer Exporteure eine grosse Herausforderung dar. Borer kritisierte, dass die Schweiz es versäumt habe, ein verlässliches Netzwerk in den USA aufzubauen. Auch das komplexe Verhältnis zur EU, die zwischen unverzichtbarem Partner und bürokratischem Riesen changiere, beleuchtete er kritisch. Sein Fazit: Schweizer KMU müssen agil bleiben, Risiken breit streuen und sich auf eine zunehmend unberechenbare Welt einstellen. «Mir ist nicht bange um die Schweiz», sagte er dazu und wünschte sich etwas mehr Selbstbewusstsein in Verhandlungen. Immerhin zähle die Schweiz wirtschaftlich zu den Top-20 der Welt. Und bezogen auf die Verhandlungen mit US-Präsident Donald Trump sagte Thomas Borer: «Ich wäre bereit, ihn bei einer Runde Golf gewinnen zu lassen.»

Wünscht sich eine stärkere Schweizer Lobby in den USA: Dr. Thomas Borer. (Bild: Thomas Berner)

KUORI gewinnt den Startup-Pitch

Die Inspiration Session prägten erneut drei starke Startup-Pitches. David Geisser (ZATAP) zeigte, wie Produkte zum digitalen Dialogkanal mit Fans werden. Er liess auch durchblicken, dass es einige Umwege brauchte, um schliesslich das «richtige» Geschäftsmodell gefunden zu haben. Christina Stahl (ALEMI Zurich) verband Design, Funktion und Female Empowerment, gezeigt an modischen, aber gleichzeitig business-tauglichen Handtaschen.  Sarah Harbarth (KUORI) präsentierte «Biomaterialien gegen Mikroplastik». Aus den Materialien, hergestellt aus Beiprodukten aus der Nahrungsmittel-Herstellung (z.B. Nussschalen, Olivenkerne, Bananenschalen etc.) können etwa Schuhsohlen hergestellt werden. Als Fernziel sollen diese Materialien auch bei Autoreifen zum Einsatz kommen. Denn deren Abrieb ist mitverantwortlich, dass viel Mikroplastik in die Umwelt gelangt. Das schien zu überzeugen: Per Publikums-Voting gewann Sarah Harbarth mit KUORI denn auch den inoffiziellen «KMU-Tag Startup Award».

Die Teilnehmenden der diesjährigen Inspiration Session: David Geisser, Christina Stahl (Mitte) und Sarah Harbarth (verdeckt: Miriam Rickli). Bild: Thomas Berner.

KMU-Talk: Emotionen als «Geschäftsmodell»

Ein weiteres Highlight des Programms war der KMU-Talk: Mit Michel Péclard, dem als «Gastrokönig vom Zürichsee» bekannten Unternehmer, und Sandra-Stella Triebl, Gründerin der Business-Plattform «Ladies Drive», trafen zwei Persönlichkeiten aufeinander, die Emotionen nicht nur zulassen, sondern aktiv als Kern ihrer Geschäftsmodelle nutzen.

Michel Péclard gab faszinierende Einblicke in seine Führungsphilosophie, die auf Vertrauen, Mut und radikalen Anreizsystemen basiert. Sein «Umsatzlohnmodell», bei dem Mitarbeitende direkt am Erfolg partizipieren und Spitzenlöhne erzielen können, führe zu einer unternehmerischen Haltung im Team. «Es ist plötzlich nicht mehr meine Firma, es ist plötzlich seine Firma», erklärte Péclard. Krankheitsbedingte Ausfälle seien praktisch auf null gesunken.

Sandra-Stella Triebl, die «Queen of Networking», betonte die wachsende Bedeutung emotionaler Intelligenz in einer zunehmend digitalisierten Welt. Sie plädierte dafür, im Geschäftsleben authentisch zu sein und Emotionen als menschliche Stärke zu umarmen. «Wir müssen anerkennen, dass wir soziale und emotionale Tierchen sind», so Triebl. Sie stellte das Konzept einer «To-Be-Liste» vor, die Unternehmen und Führungskräfte dazu anregt, sich nicht nur zu fragen, was sie tun, sondern wer sie sein wollen.

Zum Schluss: «Never give up»

Den krönenden Abschluss und emotionalen Höhepunkt des Tages bildete die Keynote von Joey Kelly. Der Musiker («The Kelly Family») und Extremsportler fesselte das Publikum mit seinem Vortrag «No Limits – Wie schaffe ich mein Ziel?». Anhand seiner unglaublichen Erfahrungen – von der Südpol-Expedition bei minus 40 Grad über das «Race Across America» bis hin zu einer Wanderung quer durch Deutschland für nur 9,24 Euro – demonstrierte er auf eindrückliche Weise die Kraft von mentaler Stärke, Disziplin und einem unerschütterlichen Willen. Kelly zog Parallelen zwischen den Herausforderungen im Extremsport und dem unternehmerischen Alltag. Sein Credo «Never give up» wurde zur zentralen Botschaft des Nachmittags. 

Joey Kelly zündete ein Feuerwerk von persönlichen Höchstleistungen. (Bild: Thomas Berner)

Wo sich Schweizer KMU nahe sind

Nach dem KMU-Tag ist vor dem KMU-Tag: Auch 2026 wird der Anlass wieder stattfinden, und zwar am Freitag, 23. Oktober 2026. Organisiert wird die Tagung seit 2003 vom Schweizerischen Institut für KMU und Unternehmertum an der Universität St.Gallen (KMU-HSG) und von der Kommunikationsagentur alea iacta ag. Der Schweizer KMU-Tag steht unter dem Patronat des Schweizerischen Gewerbeverbands (SGV), von economiesuisse, der Industrie- und Handelskammer St.Gallen-Appenzell und des Kantonalen Gewerbeverbands St.Gallen. Unterstützt wird der Anlass durch langjährige Hauptsponsoren, denen KMU-Anliegen sehr wichtig sind: Raiffeisen, OBT, ABACUS und Swisscom.

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