Übrigens … Manche Marken sterben nicht an Bedeutungsverlust, sondern an Beziehungslosigkeit
In unserer Kolumne «Übrigens…» sinnieren abwechselnd Laura Colledani und Klaus Ammon von Management Tools über Themen unserer Zeit. Diesmal: Gekauft, aber nicht gehört – Warum der Kunde innerlich längst weitergezogen ist.
Es gibt diesen Moment, den niemand plant. Er kommt nicht mit einem Knall, sondern mit einem Verstummen. Kampagnen laufen, Touchpoints sind bespielt, das Budget wurde freigegeben – und dennoch bleibt die Resonanz aus. Nicht nur in der Klickrate. Sondern tiefer. Da, wo sich eigentlich etwas regen müsste.
Viele Marken erleben das, ohne es so zu benennen. Stattdessen wird optimiert, rebranded, repositioniert. Als wäre der Verlust von Resonanz eine technische Störung, keine Beziehungskrise.
Doch genau das ist es: Eine stille Beziehungskrise. Marken, die einst Zugehörigkeit stifteten, wirken heute oft wie Sender ohne Gegenüber. Man hört sie, aber man fühlt sie nicht mehr. Der Konsument ist nicht unbedingt unzufrieden – er ist innerlich abwesend.
Und dieses „innere abwesend sein“ ist keine kurzfristige Reaktion, sondern ein langsamer Prozess. Es entsteht dort, wo Kommunikation zum Betriebsmittel wird. Wo Kampagnen nicht mehr aus einem Wollen entstehen, sondern aus einem Müssen. Wo Sprache an Funktion verliert, weil sie keine Spur mehr hinterlässt.
Wie es so weit kommt
In einer Welt, die ununterbrochen kommuniziert, fällt ein Verstummen schwer auf. Es ist kein Versagen der Lautstärke, sondern der Berührung. Wenn sich Sprache nur noch an Zielgruppen richtet, nicht an Menschen. Wenn Personalisierung zum mathematischen Trick wird, statt zu einer Geste des echten Interesses.
Marken verlieren den Menschen nicht durch Fehler. Sie verlieren ihn durch Gleichgültigkeit – oft unbeabsichtigt, aber systematisch. Es fehlt nicht an Wissen, sondern an Nähe.
Die Tools sind ausgefeilt, die Teams sind engagiert – aber die Beziehungsebene bleibt unberührt. Vielleicht weil sie in den Briefings gar nicht vorkommt. Oder – weil es kein KPI für «Stimmigkeit» gibt.
Was dann geschieht
Der Resonanzverlust bleibt selten folgenlos. Marken werden zwar noch gekauft, aber nicht mehr gemeint. Sie mutieren zur Funktion, zur Option im Dropdown-Menü. Austauschbar. Und irgendwann irrelevant.
Dann greifen die üblichen Reaktionsmuster: Mehr Analyse, mehr Tests, mehr Daten. Man fragt sich: Was fehlt? Aber man fragt selten: Wen haben wir verloren?
Und so entsteht ein gefährlicher Stillstand hinter der Betriebsamkeit.
Was jetzt gebraucht wird
Marken brauchen keinen neuen Claim. Sie brauchen ein anderes Ohr. Kein besseres Targeting, sondern eine andere Haltung. Es geht nicht um Aufmerksamkeit, sondern um Ansprechbarkeit. Nicht um den nächsten viralen Moment – sondern um das stille Wiederanknüpfen an das, was einmal war: Eine Beziehung.
Man kann das mit Consumer Listening bezeichnen. Oder einfach Zuhören nennen. Entscheidend ist nicht die Methode, sondern der Raum: Ein Raum, in dem Konsumenten nicht befragt, sondern gehört werden.
Und dieser Raum beginnt nicht mit Tools. Sondern mit der ehrlichen Frage: Wer sind wir – aus der Sicht der Kund*innen und Konsument*innen?
Übrigens …
Manche Marken sterben nicht an Bedeutungsverlust, sondern an Beziehungslosigkeit.