Ganz im Zeichen von Innovation: Tag der Schweizer Qualität 2024

Am 23. April 2024 fand im Berner Kursaal der Tag der Schweizer Qualität statt. Das Motto lautete «Innovation – Antrieb der Schweizer Wirtschaft» – ein Thema, das gerade im Zeitalter von KI neue Relevanz erhält.

Der Tag der Schweizer Qualität 2024 widmete sich dem Thema Innovation. (Bild: KI-generiert)

Die SAQ – Swiss Assocation for Quality lud zum nunmehr 17. Mal zum Tag der Schweizer Qualität – ein inzwischen etablierter Anlass mit branchenübergreifender Ausstrahlung, der neben viel Networking-Gelegenheiten auch immer mit einem differenzierten Referate-Programm aufwartet. Auch wie im Vorjahr wurde der Anlass in Zusammenarbeit mit Shift Switzerland organisiert.

Ein Ausflug in die Robotik

Dass die Schweiz Innovationsweltmeisterin ist, darauf wird – und wurde auch am Tag der Schweizer Qualität – immer wieder gerne hingewiesen. Eine führende Stellung nimmt die Schweizer Innovationskraft bei der Robotik ein. Darüber sprach als erster Referent Prof. Dr. Roland Siegwart, Director Autonomous Systems Lab ETH Zürich und Founding Co-Director von Wyss Zürich. In seinem Referat stellte Prof. Siegwart einige Anwendungen vor, wo schreit- oder flugfähige Roboter den Menschen massiv unterstützen können, etwa bei Materialprüfungen in gefährlichen Umgebungen wie z.B. Windrädern oder Hochkaminen. Die gezeigten Lösungen wurden von ETH-Spin-Offs entwickelt. Diese stehen beispielhaft dafür, wie die Verknüpfung von Forschung und Wissenschaft mit innovativen Unternehmen und qualitativ hochwertiger Fertigung funktioniert.

Prof. Dr. Roland Siegwart von der ETH zeigte diverse Beispiele von Robotik-Lösungen. (Bild: Thomas Berner)

Innovation «bottom-up» statt Industrieförderung durch den Staat

Wie steht es denn aber mit der Innovationsfähigkeit von Unternehmen? Und wo bzw. wie kommt man an Fördertöpfe wie z.B. jene von Innosuisse? Darüber unterhielt sich Moderatorin Andrea Vetsch mit Andreas Preller (Alternative Bank Schweiz), Tom Russi (Innosuisse), Nina Schaller (Luya Foods AG), Cuno Singer (Fill Me) und Roger Siegenthaler (mb-microtec AG). Nina Schaller und Cuno Singer vertraten dabei die Sicht der Startups. Getrieben von einer Vision – und eine solche zu haben bilde die Grundlage für Inovation – haben sie je ihre eigenen innovativen Produkte entwickelt. Nina Schallers Firma Luya Foods entwickelt Fleisch-Alternativen auf pflanzlicher Basis. Diese sind im Gegensatz zu anderen hoch-technologisch entwickelten Fleisch-Imitaten traditionell fermentiert. Cuno Singer will mit einem Mehrwegflaschen-System das Trinken von Leitungswasser populärer machen und den teuren Transport von Mineralwasser in Petflaschen vermeiden. Weniger von Visionen, sondern von Marktdruck getrieben ist Innovation in etablierten Unternehmen, wie Roger Siegenthaler weiss: «Man wird gerne träge», vor allem in der Position eines Marktführers. Innovation entstehe dann oft aus Not, so Siegenthaler. Ein Gegenmittel besteht in einer offenen Unternehmenskultur, die auch Aussenperspektiven ohne «Stallgeruch» zulässt.

Podiumsdiskussion mit Andreas Preller, Tom Russi, Nina Schaller, Cuno Singer, Roger Siegenthaler sowie Moderatorin Andrea Vetsch (v.l.n.r.). (Bild: Thomas Berner)

Innovation benötigt bekanntlich Geld – zuweilen ganz viel davon. Die Innosuisse tritt zwar nicht als Investor auf, aber als Organisation, die innovative Projekte fördert. An solche Fördermittel zu kommen, erleben viele Startups, aber auch etablierte Unternehmen, als «Dschungel». «Startups fördern, KMU aber nicht vergessen», so lautete die Devise von Tom Russi. Im Gegensatz zu Ländern wie Deutschland oder Frankreich, die eine staatlich gesteuerte Industrieförderung betreiben, laufe in der Schweiz Innovation stark «bottom-up», so Russi. Dieser Weg sei zwar härter, aber letztlich erfolgsversprechender, weil Unternehmen damit schon früh lernen, mit wirtschaftlichen Herausforderungen umzugehen.

Ein Innovator mit Leib und Seele

Einer, der es vom velobegeisterten Jungspund zu einem Pionier einer neuen Mobilität gebracht hat, ist Thomas Binggeli, kurz Thömu, CEO und Inhaber von Thömus AG, Hersteller von hochwertigen Fahrrädern. Velos waren schon immer die Leidenschaft von Thomas Binggeli: Mit dem Swiss Bike Park hat er ein Gesellschaftsprojekt verwirklicht, um das Radfahren populärer zu machen. Der 2000 m2 umfassende Park dient als Testzentrum für Profis, Trainingsanlage oder auch als Übungsanlage für alle, die ihre Fahr- und Verkehrssicherheit verbessern wollen. Ebenfalls beteiligt sich Thömus am Projekt CircuBat für das Recycling von Lithium-Ionen-Akkus, die auch in den E-Bikes verwendet werden. Und auch wenn das (Fahr)Rad längst erfunden ist: Raum für Innovation gibt es immer noch, wie Binggeli ausführte. So zeigte er seine neuesten Entwicklungen von E-Mountainbikes, die dank verkleinerten Elektromotoren in Sachen Gewicht mit klassischen Mountainbikes mithalten können. Sein grösstes Innovationsprojekt ist gegenwärtig aber der «Twinner»: Ein High-End-Fahrrad mit Carbon-Rahmen, ausgeklügelter Sensorik und Sicherheits-Features inkl. eigener Software für sog. «Smart Power Management». Fahren muss man das Bike zwar noch selber, doch es verfügt über all jene Annehmlichkeiten, die sich mit einem Auto der Luxusklasse vergleichen lassen.

«Kreativität können alle»

Für Innovation braucht es Ideen – und um auf solche zu kommen, benötigt es ideale Voraussetzungen. Denn: «Kreativität können alle», erläuterte Barbara Studer, Neurowissenschaftlerin mit Spezialisierung auf mentale Fitness und Gesundheit, in ihrem Referat. Kreativität ist im ganzen Hirn vorhanden und lässt sich, dank der sog. Neuroplastizität des Gehirns, auch trainieren. Barbara Studer zeigte einige praktische Übungen, die sich eignen, um unser Hirn für Kreativität fit zu halten. Sie erläuterte auch, wie stark Emotionen bei der Ideenfindung eine Rolle spielen: Wer über eine höhere sog. Emodiversität verfügt, also mehr Emotionen erlebt, sei nachweislich erfolgreicher und auch gesünder unterwegs. Kurz: Kreativität wird durch Gefühle angetrieben – etwas, was der künstlichen Intelligenz völlig unbekannt ist. Als praktische Tipps, um Kreativität anzuregen, gab Barbara Studer dem Publikum auf den Weg: Frische Luft und Tageslicht – kombiniert mit Bewegung – fördert die Kreativität, aber auch die Kultivierung von Neugier. Sie empfahl auch, die Welt wieder mal aus Kinderaugen zu sehen oder auch jene Zeit einzuräumen, die das Hirn benötigt, um Ideen zu «inkubieren». Das heisst: Entscheide nicht sofort nach einer Brainstorming-Sitzung fällen, sondern erst nach einer Inkubationszeit, um Ideen auch reifen zu lassen.  

Barbara Studer zeigte, wo im Hirn das „Kreativitätszentrum“ sitzt. (Bild: Thomas Berner)

Innovation in die Praxis umsetzen

Einen weiteren Teil des Tags der Schweizer Qualität nahmen vier parallele Open Sessions mit Workshop-Charakter ein. Da ging es etwa um «Radical Innovation»: Innovative Businessmodelle und Produktstrategien von «jungen Wilden» standen ebensolchen von «alten Hasen» gegenüber. Es ging darum, was man voneinander lernen kann, um noch schneller zu innovieren. Ein weiterer Workshop vertiefte das Kreativitätsthema weiter – auch mit praktischen Übungen. In einem dritten Workshop wurde gezeigt, wie generische künstliche Intelligenz auch Managementsysteme unterstützen kann und wo sie nutzbringend schon jetzt eingesetzt werden kann. In der vierten Open Session ging es um EFQM: Wie kann dieses Modell als Booster für Innovation wirken? Und wie sehen die praktischen Erfahrungen damit aus? Ein von Russell Longmuir, CEO der EFQM European Foundation for Quality, geführtes Panel erörterte diese Fragen. 

Nachhaltigkeit als neuer Innovationstreiber

«Aus Ideen haptische Faszinationen erstellen» – so lautet der Claim von Industrie-Designer Björn Ischi, Inhaber der Firma Designform. Mit «Upcycling by Design» stellt er den Umgang mit bestehenden Ressourcen in den Fokus und berücksichtigt deren Wiederverwertbarkeit schon im Design. Daraus entstehen unkonventionelle aber gleichwohl wirtschaftliche Produktgestaltungen. Björn Ischis Referat trug den Titel «Qualität durch Design». Er schlug dabei den Bogen zum Thema Nachhaltigkeit, die inskünftig untrennbar mit der Welt der Qualität verbunden sein wird.

Fazit der Veranstaltung: Innovation ist zwar kein neues Thema, bleibt aber hochaktuell. Und Innovation wird weiter der Antrieb für die Schweizer Wirtschaft bleiben – solange auch die Qualität der Innovationen stimmt. Der nächste Tag der Schweizer Qualität findet am 13. Mai 2025 statt.

Weitere Informationen und Impressionen: https://saq.ch/de/veranstaltungen/tag_der_schweizer_qualitaet/tsq-2024/

Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf m-q.ch - https://www.m-q.ch/de/ganz-im-zeichen-von-innovation-tag-der-schweizer-qualitaet-2024/

Weitere Beiträge zum Thema