Schweizer Industrie ist nicht ausreichend krisenbereit

Eine neue Studie von Dun & Bradstreet zeigt grosse Lücken bei der Resilienz der Schweizer Industrie auf. Das bedeutet: Sie ist zu wenig gut auf Krisen vorbereitet.

Zu wenig resilient: Schweizer Industrie hat Nachholbedarf. (Bild: geralt / pixabay.com)

Schweizer Industrieunternehmen setzen im internationalen Vergleich besonders stark auf Transparenz und Rückverfolgbarkeit in ihren Lieferketten, bleiben beim Thema Resilienz jedoch deutlich zurück. Dies zeigt eine neue Studie von Dun & Bradstreet. Während 21 Prozent der Unternehmen angeben, die Sichtbarkeit in ihrer Lieferkette vorrangig verbessern zu wollen, priorisieren nur 14 Prozent Massnahmen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit.

Fokus auf Transparenz – aber ohne tieferen Einblick

Laut der Studie sehen Schweizer Hersteller regulatorische Veränderungen wie Zölle und Sanktionen weiterhin als eines der grössten Risiken (25 Prozent). Dennoch überwachen nur 3 Prozent der Unternehmen ihre vollständige, mehrstufige Lieferkette. Gleichzeitig verfolgt die Schweiz die ambitionierteste Nearshoring-Strategie in der Region: 78 Prozent der befragten Industrieunternehmen planen, den Großteil oder die gesamte Lieferkette näher an den Heimatmarkt zu verlagern.

«Schweizer Industrieunternehmen wollen verstehen, mit wem sie in ihren Lieferketten zusammenarbeiten, doch oft fehlt der Überblick, wie zuverlässig und regelkonform ihre Zuliefererstrukturen tatsächlich sind», erklärt Björn Gerster, Head of Manufacturing bei Dun & Bradstreet. «Transparenz ist der erste Schritt, aber ohne belastbare Daten zu Abhängigkeiten, Risiken und Szenarien bleibt sie ein Blick in den Rückspiegel.»

Technologie- und Datenlücke bremst Fortschritt

Die Studie zeigt zudem: Nur knapp ein Drittel (29 Prozent) der Schweizer Unternehmen kann die vorhandenen Daten in ihrer aktuellen Form nutzen, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Die Mehrheit der Unternehmen arbeitet weiterhin mit manuellen Prozessen, insbesondere bei Lieferantenbewertungen, Risikoanalysen und Kundendaten. Nur rund 10 bis 15 Prozent dieser Kernprozesse sind vollständig automatisiert. Zudem fehlt es häufig an integriertem Datenzugang: Nur rund ein Drittel der Schweizer Unternehmen verfügt über

  • Informationen zu Zöllen (28 Prozent)
  • Sanktions- und Compliance-Risiken (30 Prozent) oder
  • Nachhaltigkeitskennzahlen (28 Prozent) ihrer Geschäftspartner.

Damit liegt die Schweiz deutlich hinter anderen Märkten wie den USA (51 Prozent bei Zolldaten) oder dem Vereinigten Königreich (40 Prozent). Diese Fragmentierung erschwert es, Risiken frühzeitig zu erkennen und datenbasierte Resilienzstrategien aufzubauen.

Zwischen Transparenz und echter Widerstandsfähigkeit

Die Ergebnisse machen deutlich, dass Schweizer Industrieunternehmen zwar grossen Wert auf Transparenz in ihren Lieferketten legen, diese Sichtbarkeit jedoch noch zu selten in belastbare Resilienzstrategien übersetzen. Fehlende Datenintegration und geringe Automatisierung bremsen den Fortschritt – gerade in einem Umfeld, das immer stärker von regulatorischen und geopolitischen Risiken geprägt ist. «Transparenz ist kein Anfang, sondern ein Ergebnis», so Gerster weiter. «Eine solide Datenbasis ermöglicht es, Risiken zu erkennen, zu antizipieren und gezielt zu steuern und genau darin liegt für exportorientierte Unternehmen ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.»

Quelle: Dun & Bradstreet

Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf m-q.ch - https://www.m-q.ch/de/schweizer-industrie-ist-nicht-ausreichend-krisenbereit/

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