Grüne Städte senken das Überflutungsrisiko

Gibt es noch grüne Städte? Was haben Gewitter und Überflutungen mit unserer Pflanzenwelt zu tun? Wenn sich die Niederschläge auf Brachflächen, Wiesen oder in Grünanlagen ausbreiten können, ist die Gefahr von reissenden Sturzbächen und vollgelaufenen Kellern vermindert.

In Bern stehen gut 131 Quadratmeter, in Zürich jedem Einwohner lediglich 79 Quadratmeter Grün zur Verfügung. (Quelle: Tagesanzeiger). (Bild: zVg)

Grüne Städte gibt es auch in der Schweiz, siehe obige Bildlegende, allerdings nehmen in vielen Grossstädten die bebauten und versiegelten Flächen aufgrund der steigenden Nachfrage nach Wohnraum stetig zu. „Zudem sind kleine Stadtgewässer, wie zum Beispiel die Aa in Münster (Nordrhein Westfalen), häufig in engen Kanälen eingeschnürt und innerstädtische Grünflächen oder Ausweichflächen fehlen. Die Kanalisation kann heftige Niederschläge nicht fassen und es kommt zu urbanen Sturzfluten“, erklärt Prof. Dr. Helmut Grüning. „Gewässer brauchen Platz“, so der Experte für Entwässerungstechnik vom Fachbereich Energie – Gebäude – Umwelt der FH Münster.

Extremereignisse

Durchschnittlich fallen hierzulande 800 mm Niederschlag in einem Jahr. „Das ist grundsätzlich kein Problem, wenn dies über das Jahr verteilt geschieht. Im Gegenteil, die klimatischen Bedingungen in Deutschland sind so gut, dass Wassermangelprobleme ein seltenes Phänomen darstellen.“ Normalerweise verdunsten zwei Drittel der Niederschläge und ein Drittel versickert. Ziel ist es, diesen natürlichen Wasserhaushalt in urbanen Räumen weitestgehend aufrecht zu erhalten, anstatt die Abflüsse in die Kanalisation einzuleiten.

„Pflanzen kommt hier eine enorme Bedeutung zu. Sie sind ein Garant für Verdunstungsprozesse, weil sie Wasser über die Wurzeln aufnehmen und über die Blätter verdunsten.“ Dabei entsteht gleichzeitig Verdunstungskälte – ein positiver Effekt für heiße Sommermonate. „Wir können nichts Besseres tun, als unsere Gebäude zu begrünen.“ Denn schon ein Gründach oder eine begrünte Hausfassade helfen, Verdunstungsflächen zu schaffen. Zudem produzieren Pflanzen Sauerstoff, filtern Stäube und Luftschadstoffe.

Kein Regenwasser in die Kanalisation leiten

„Mir ist es wichtig, Ideen zu entwickeln, die der Problematik Starkregen und Überflutungen (siehe auch „Ein besserer Umgang mit Starkregenereinissen“, Umwelt Perspektiven 2018_04) entgegenwirken.“ Deshalb sei vor allem in Neubaugebieten ein gutes Konzept die Entwässerung über multifunktionale Flächen. Das können Sportplätze, Parks, Grünflächen oder auch Kinderspielplätzen sein, die temporär Wasser aufnehmen können. Offene, nicht versiegelte Flächen schützen die Bebauung vor den Folgen von Klimarisiken, weil Regenwasser versickern und durch kontrollierte Verdunstung wieder abgegeben werden kann.

„Optimal wäre es, möglichst gar kein Regenwasser mehr in die Kanalisation zu leiten, sondern dieses komplett versickern und verdunsten zu lassen“, sagt Grüning. In gewachsenen urbanen Strukturen wird das aber nur eingeschränkt möglich sein. Aber auch in eng bebauten Straßen sucht Grüning nach Chancen zur Stadtbegrünung. Deshalb plant er ein Forschungsprojekt, um Bäume zu etablieren, die mit einem minimalen Platzangebot auskommen, ohne die Parkplätze am Strassenrand zu beschränken.

„Hierfür ist zwar ein spezielles Bewässerungssystem nötig, denn während der Trockenphasen benötigen die Pflanzen Wasser. Die Bäume bieten Schatten, Verdunstungskühle und sorgen für einen Luftaustausch.“

Stadtbegrünung bringe vor allem hinsichtlich der zu erwartenden Klimaveränderung viele weitere Vorteile mit sich. „Allerdings müssen Stadt- und Verkehrsplaner, aber auch Politiker und Eigenheimbesitzer umdenken, um urbane Räume anders zu gestalten und dem Überflutungsrisiko zu begegnen.“

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