Mikroplastik in Gewässern

Qualvoll verendete Meeresvögel mit einem Bauch voller Mikroplastik oder Plastikansammlungen so gross wie Inseln: Bilder wie diese hat heute praktisch jeder schon gesehen. Doch es gibt auch Plastikteile, die von Auge kaum sichtbar sind – Mikroplastik. Neuerdings, so eine Mitteilung für die Umweltfachmesse ILMAC in Basel, findet man auch Mikroplastik im Menschen.

Angekommen ist Mikroplastik schon längst als Thema für Umwelttechniker. (Symbolbild: Unsplash)

Die Gefahr, welche Mikroplastik bergen, ist bis anhin kaum erforscht. Forscher der Empa haben nun die weltweit erste Risikoabschätzung für Mikroplastik in Seen und Flüssen durchgeführt. In Europa, so das Fazit der Studie, sind aquatische Organismen zurzeit (noch) nicht akut gefährdet.

Allerdings können diese Millimeter kleinen Partikel ein Problem für die Umwelt darstellen. Mikroplastik ist im doppelten Sinne in der Gesellschaft angekommen, heisst es in einer Mitteilung auf der ILMAC Site: „Chemisch-analytisch hat es sich schon im Magendarmtrakt, im Blut, in der Lymphe und in der Leber von Tieren nachweisen lassen1 und sogar im Stuhl von Menschen.2

Umweltrisiko gegeben? 

Angekommen ist Mikroplastik auch als politisches Thema für eine breite Öffentlichkeit – ein Ansporn für Forscher, Licht und Ordnung in das komplexe Gebiet zu bringen und möglichen Handlungsbedarf für die beteiligten Unternehmen aufzuzeigen. Der Umweltwissenschaftler und Empa-Forscher Bernd Nowack setzt sich unter anderem mit der Umweltbelastung durch Mikroplastik auseinander. Zusammen mit Véronique Adam hat Nowack nun die weltweit erste Risikoabschätzung für in Süsswasser lebende Fische und andere Wasserorganismen durchgeführt.

Dazu haben sie die Ergebnisse aus unzähligen Studien verglichen und ausgewertet. Um herauszufinden, ob ein Risiko für die Umwelt besteht, haben die Empa-Forscher eine Methode angewendet, welche für die Abschätzung von Umweltrisiken durch Chemikalien etabliert ist. Sie verglichen real gemessene Belastungen von Gewässern durch Mikroplastik mit Schwellenwerten für die möglichen toxischen Effekte bei verschiedenen Organismen. Überschneiden sich Belastungen und Schwellenwerte, besteht tatsächlich ein Umweltrisiko.

Ergebnis: In Europa besteht momentan keine Gefahr für die Umwelt, da die tatsächlich gemessenen Konzentrationen an Mikroplastik in den bis jetzt untersuchten Gewässern deutlich unter den Schwellenwerten liegen. Bekanntlich ist jedoch besonders Asien vom Plastikproblem betroffen. Nowack und Adam fanden in den Daten aus Asien dann auch eine Überschneidung der Belastungen und der Schwellenwerte, wenn diese auch äusserst klein ist.

Regionale Unterschiede
Wie diese beiden Beispiele zeigen, fanden die Forscher Unterschiede zwischen den verschiedenen Weltregionen bezüglich Verschmutzung durch Mikroplastik und des daraus resultierenden Risikos für die Umwelt. Vor allem in Regionen, die kein oder ein nur begrenzt funktionierendes Abwassereinigungssystem haben, können höhere Umweltkonzentrationen auftreten. Dies, da gut funktionierende Kläranlagen besonders wichtig sind für den «Schutz» der Umwelt vor Mikroplastik.

Nowacks Fazit: «Zurzeit besteht kein Hinweis, dass Mikroplastik in Europa ein Risiko für die Umwelt darstellt.» Allerdings seien weitere Untersuchungen nötig, um negative Folgen definitiv ausschliessen zu können, da die Datengrundlage insgesamt noch recht spärlich ist, vor allem auch, was lokale Hotspots von Mikroplastik in der Umwelt angeht. So empfiehlt er etwa kontrollierte Studien mit Standardmethoden und vollständiger Charakterisierung der Partikel.

Seine eigene Forschungsgruppe «Environmental Risk Assessment and Management» in der Empa-Abteilung «Technologie und Gesellschaft» in St. Gallen wird das Thema jedenfalls weiterverfolgen. Geplant sind ähnliche Risikobewertungen für Mikroplastik in Böden und eine Studie für die Weltmeere. Auch die Quantifizierung der Mikroplastikflüsse in die Umwelt oder die Untersuchung der Bildung von Mikroplastik beim Waschen und Verwittern sind aktuelle Forschungsprojekte.

 

Gerne möchten wir Sie auf das Forum «Swiss Green & Sustainable Chemistry Days 2019» aufmerksam machen, welches Sie während der ILMAC (Dienstag, 24. bis Freitag, 27. September 2019) mit Vorträgen und Neuigkeiten versorgt. Das entsprechende Programm finden Sie hier. Organisiert wird das ILMAC Forum von der Schweizerischen Chemischen Gesellschaft.

 

Originalpublikation:

V. Adam, T. Yang, B. Nowack, «Toward an ecotoxicological risk assessment of microplastics: Comparison of available hazard and exposure data in freshwaters», Environmental Toxicology and Chemistry (2018); DOI: 10.1002/etc.4323

Quelle: Empa (Medienmitteilung gekürzt)

www.empa.ch

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