Palmölersatz durch CO2-Recycling

Nach langjähriger Forschung gelingt der Mibelle Group, LanzaTech und dem Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB eine bahnbrechende Innovation: mithilfe moderner Biotechnologie wird aus CO2 ein palmölfreies Fett gewonnen.

Für solche Palmöl-Plantagen werden grosse Teile von Regenwäldern geopfert. © Depositphotos.com
Für solche Palmöl-Plantagen werden grosse Teile von Regenwäldern geopfert. © Depositphotos.com

Palmöl ist aufgrund des hohen Ertrags der Ölpalme, seiner langen Haltbarkeit und seiner Hitzebeständigkeit ein unverzichtbarer Rohstoff für die Industrie. Ob in Lebensmitteln, Kosmetikprodukten, Reinigungsmitteln oder Biokraftstoffen – Palmöl ist in vielen Produkten enthalten, die wir täglich verwenden.

Der dringende Bedarf an Palmöl-Alternativen

Für den Anbau von Palmöl werden jedoch immer grössere Teile unserer Regenwälder abgeholzt. Dadurch werden viele Tier- und Pflanzenarten bedroht und grosse Mengen an gespeichertem CO₂ freigesetzt. Die Kosmetikindustrie ist sich dieser Situation bewusst und bezieht Palmöl vorwiegend aus zertifiziertem Anbau. Dieser Ansatz stellt sicher, dass der Rohstoff aus nachhaltig bewirtschafteten Quellen stammt. Doch nachhaltiger Palmölanbau kann den wachsenden Bedarf der Industrie langfristig nicht decken. Es braucht neue Lösungsansätze für die Zukunft.

Mit dieser Problematik konfrontiert ist die Mibelle Group, die in den Geschäftsfeldern Personal Care & Beauty, Home Care und Nutrition tätig ist. Das Unternehmen ist führend im Private-Label-Geschäft. Lange Jahre bekannt war die Mibelle als Tochterunternehmen der Migros, bis sie im März 2025 vom spanischen Familienunternehmen Persán übernommen wurde. Zudem produziert und vertreibt die Gruppe eigene renommierte Brands sowie modernste und effektivste Wirkstoffe für die Kosmetikindustrie durch Mibelle Biochemistry. Die Mibelle Group beschäftigt rund 1400 Mitarbeitende und hat Produktionsstandorte in der Schweiz (am Hauptsitz in Buchs AG sowie in Frenkendorf BL), in Frankreich, im Vereinigten Königreich und in den USA. Ausserdem hat das Unternehmen Vertriebsstandorte in den Niederlanden und in Australien.

Die neuartige Technologie

Die Mibelle Group verfolgt nun einen komplett neuen Lösungsansatz in Zusammenarbeit mit LanzaTech, einem Unternehmen, das Lösungen zum Kohlenstoffmanagement entwickelt, und dem Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB. Dabei wird durch die Kombination zweier aufeinanderfolgender Fermentationsprozesse das Treibhausgas CO₂ zu einer palmölfreien Fettmischung umgewandelt. Diese ähnelt mit ihrer Zusammensetzung dem Palmöl so sehr, dass sie zukünftig tropische Öle in zahlreichen Anwendungen ersetzen kann.

Im ersten Schritt wird das Gas, das als CO₂ ausgestossen worden wäre, mithilfe des von LanzaTech entwickelten Gasfermentationsprozesses biotechnologisch zu Alkohol umgewandelt. Ein Prozess, der mit dem Bierbrauen vergleichbar ist. Nur dass hier als Ausgangsmaterial CO₂ anstelle von Getreide verwendet wird.

Im zweiten Fermentationsverfahren, das massgeblich vom Fraunhofer IGB entwickelt wurde, wird der aus CO₂ hergestellte Alkohol von spezialisierten Öl-Hefen in die gewünschten Fette umgewandelt. Bei beiden Fermentationen werden nur natürlich vorkommende und nicht genveränderte Mikroorganismen eingesetzt.

Palmölfreies Fett

Das Endprodukt aus diesem Prozess ist ein vielseitig einsetzbares Fett von hoher Qualität, 100 % palmölfrei und natürlich. Zudem besitzt es herausragende pflegende Eigenschaften, ein wichtiges Merkmal für kosmetische Produkte. «Diese Innovation ist das Resultat unserer langjährigen Partnerschaft mit LanzaTech und ein Meilenstein für die Kosmetikindustrie. Gepaart mit der Innovationskraft des Fraunhofer IGB setzen wir damit neue Massstäbe für die gesamte Branche und unterstreichen unser Engagement, Verantwortung für die Zukunft unseres Planeten zu übernehmen und gleichzeitig Lieferketten robuster zu gestalten», sagt dazu Peter Müller, CEO der Mibelle Group. Diese wegweisende Technologie habe das Potenzial, Palmöl in Kosmetik und vielen anderen Produkten des täglichen Lebens nachhaltig zu ersetzen und die Branche grundlegend zu verändern, schreiben die beteiligten Unternehmen weiter.

Entwicklung einer palmölfreien Rezeptur im Labor der Mibelle Group. © Mibelle Group, 2025
Entwicklung einer palmölfreien Rezeptur im Labor der Mibelle Group. © Mibelle Group, 2025

Vom Prototyp zur Marktreife

Nach erfolgreichen Versuchen im Labor am Fraunhofer IGB und vielversprechenden Anwendungstests in den Labors der Mibelle Group starten die Partner nun mit der Herstellung der palmölähnlichen Fettmischung im Kilogramm-Massstab. Hierzu werden die Fermentationsprozesse am Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna, einem Institutsteil des Fraunhofer IGB, schrittweise in einen grösseren Massstab übertragen.

«Nach erfolgreicher Forschung im Labor konnten wir nun mit der Entwicklung des Pilotprozesses beginnen», freut sich Susanne Heldmaier, Leiterin Research & Technical Innovation der Mibelle Group. «Dies ist der wichtige nächste Schritt, an dessen Ende wir erste Mengen eines hochwertigen Fettes vorliegen haben. Dieses ermöglicht uns, Kosmetikprodukte zu entwickeln, die nicht nur einen Schutz für unsere Haut bieten, sondern auch zum Schutz der Umwelt beitragen. In Zukunft hoffen wir, mit Unterstützung unserer Rohstofflieferanten, immer mehr palmölbasierte Rohstoffe auf diese nachhaltige Lösung umstellen zu können.»

Durch die neue Technologie leisten die drei Unternehmen einen bedeutenden Beitrag, um langfristig die Abholzung der Regenwälder zu reduzieren und eine nachhaltige Wertschöpfungskette aufzubauen.

Überzeugt von CO2-Recycling

Bereits vor fünf Jahren lancierte die Mibelle Group ein aus CO2 recyceltes Produkt. Dank des mit LanzaTech entwickelten Fermentationsprozesses kann das klimaschädliche CO2 in Ethanol (Alkohol) umgewandelt werden. Ein Rohstoff, der in grossen Mengen für die Produktion von Personal Care und Home-Care-Produkten eingesetzt wird.

Die Mibelle Group sieht grosses Potenzial für die neuartige Technologie des CO2-Recyclings. Der aus dem recycelten CO2 gewonnene Alkohol soll mittelfristig die gesamte Menge an herkömmlich hergestelltem Alkohol im Bereich Wasch-, Putzmittel und Kosmetik ersetzen. Die Technologie soll jedoch nicht nur für Produkte, sondern auch für deren Verpackung genutzt werden, die zum grossen Teil aus PET und PE bestehen. Für die Herstellung dieser Kunststoffe lässt sich Erdöl verwenden – oder eben Alkohol aus CO2-Recyling.

Der WWF unterstützt die neuartige Technologie ebenfalls. «Der Einsatz von fossilen Energieträgern muss vermieden werden. Wo dies nicht möglich ist, ist es sinnvoll, Treibhausgase in Produkte einzuschliessen, damit die Gase das Klima nicht zusätzlich erhitzen. Kann mit der Herstellung solcher Produkte zudem Landfläche für den Anbau von Rohstoffen eingespart werden, bleibt mehr Platz für die natürliche Artenvielfalt. Beides trägt zum langfristigen Erhalt unserer Lebensgrundlagen bei» lässt sich Christoph Meili, Fachmann für Ökobilanzen beim WWF Schweiz, in einer Mitteilung der Mibelle Group zitieren.

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