Schweizer Softwarebranche zwischen Innovationsdruck, KI-Schub und neuer Arbeitskultur

Am 27. Oktober 2025 wurde die neue Swiss Software Industry Survey (SSIS) präsentiert. Der Report gibt einen Einblick in den Stand der Schweizer Software-Branche. An der im Auftrag des Branchenverbands Swico von der Universität Bern durchgeführten Studie nahmen 189 Unternehmen teil.

Diskutierten die Ergebnisse des Swiss Software Industry Survey: Simon Perrelet (Moderation), Denis Druzic (Noser Engineering), Nadja Perroulaz (Liip AG), Ernst Hegg (Nexplore). Bild: Thomas Berner

Die Schweizer Softwarebranche 2025 stehe an einem Wendepunkt, so ein vorgezogenes Fazit der Swiss Software Industry Survey (SSIS) 2025, die am Rand des diesjährigen CNO Panel (siehe Zweittext) in Bern präsentiert wurde: Wirtschaftlicher Druck, Fachkräftemangel und technologische Umbrüche prägen das Bild. Laut der Studie, herausgegeben von der Universität Bern im Auftrag von Swico, sinken die Gewinnmargen spürbar – von 9,1 % im Jahr 2023 auf 6,4 % im Jahr 2024. Auch die Erwartungen an Umsatz- und Beschäftigungswachstum fallen gedämpfter aus: Für 2025 wird ein Plus von 1,8 %, für 2026 von 2,5 % erwartet. Dennoch zeigt sich die Branche insgesamt widerstands- und anpassungsfähig.

Internationalisierung nimmt zu

Ein auffallendes Ergebnis ist der steigende Internationalisierungsgrad. 11,1 % der Umsätze wurden 2024 im Ausland erzielt, vor allem in Deutschland (59 % des Exportvolumens). Damit verstärkt sich der Trend zur europäischen Vernetzung, während Nordamerika mit 6 % und der übrige europäische Raum (14 %) an Bedeutung gewinnen. Knapp 54 % der Unternehmen lagern Teile ihrer Entwicklung oder Dienstleistungen aus – vor allem Standard- und Individualsoftwarehersteller.

Sinkende EBITDA-Margen drücken aufs Geschäft der Schweizer Softwarebranche. (Grafik: Swico)

Spezialthema «New Work»

Als Spezialthema wurde in diesem Jahr «New Work» behandelt. In diesem Zusammenhang zeigt die Studie strukturelle Veränderungen im Arbeitsalltag: Flexibilität, Sinnstiftung und Selbstorganisation prägen die neue Arbeitswelt. Und diese wird vor allem am Punkt «Homeoffice» festgemacht: Rund die Hälfte der Unternehmen ermöglicht Homeoffice an mindestens 50 % der Arbeitszeit; bei Softwareentwicklern liegt der Anteil sogar bei knapp 60 %. Entscheidungsprozesse sind zunehmend dezentral: 74 % der Firmen gewähren Teams hohe Autonomie, Innovationen entstehen häufig „bottom-up“. Führung wird weniger hierarchisch verstanden, sondern als Empowerment – 92 % der Firmen fördern eigenständiges Handeln.

KI auf dem Vormarsch

Künstliche Intelligenz hat sich binnen kurzer Zeit etabliert. 81 % der Unternehmen nutzen KI im Softwareentwicklungsprozess – fast doppelt so viele wie 2024. Dabei befinden sich viele noch in der Experimentierphase: Über die Hälfte der Beschäftigten darf selbst entscheiden, welche KI-Tools verwendet werden. Diese Offenheit spiegelt sich auch in der Unternehmenskultur wider: 89 % der Firmen beschreiben sich als „familienähnlich“, geprägt von flachen Hierarchien und persönlichen Beziehungen. Grosse Unternehmen bleiben tendenziell strukturierter und zentralisierter, während kleine und mittlere Betriebe agiler agieren.

Stetige Weiterbildung bleibt wichtig

Ein klarer Fokus liegt auf Weiterbildung. Drei Viertel der befragten Unternehmen fördern externe Trainings, Konferenzen und Fachkurse; mehr als die Hälfte stellt Zeit- oder Budgetressourcen für individuelle Weiterentwicklung bereit. Die meisten Programme sind flexibel und informell, vor allem in kleineren Firmen. Die Mehrheit der Unternehmen investiert rund 4,5 % des Umsatzes in Forschung und Entwicklung – ein stabiler Wert gegenüber dem Vorjahr.

In der Vergütungspolitik zeigt sich die Branche hingegen konservativ: Löhne und Boni werden meist von der Führung festgelegt, häufig auf Basis des Unternehmenserfolgs. Nur etwa 13 % der Firmen koppeln variable Vergütung an Teamleistung. Auch hier bleiben traditionelle Strukturen bestehen.

Neue Arbeitsmodelle lassen Zufriedenheit steigen

Die Studie vermag überdies zu zeigen, dass neue Arbeitsmodelle die Zufriedenheit messbar steigern: 65 % der Unternehmen berichten von höherer Mitarbeitermotivation, 62 % von verbesserter Kundenzufriedenheit. Besonders jene Firmen, die gezielt Massnahmen wie Kompetenzentwicklung, selbstbestimmtes Arbeiten und sinnstiftende Führungsansätze fördern, verzeichnen bessere Performancewerte.

Mit über 20 Milliarden Franken Wertschöpfung und 3 % aller Beschäftigten bleibt die Softwarebranche ein zentraler Pfeiler der Schweizer Wirtschaft. Die SSIS 2025 zeigt jedoch: Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen den Spagat zwischen Stabilität und Erneuerung meistern – mit klarer strategischer Ausrichtung, Investitionen in Talente und einer Arbeitskultur, die Innovation und Menschlichkeit vereint.

Quelle: Swico. Dieser Bericht wurde mit Unterstützung von KI erstellt.

 

CNO Panel 2025

Walter Thurnherr (links) im Gespräch mit Pascal Sieber von Sieber & Partners, Gastgeber des CNO Panel. (Bild: Thomas Berner)

Seit 25 Jahren lädt das Beratungsunternehmen Sieber & Partners aus Bern zum CNO Panel. Dieses Jahr widmete sich die Veranstaltung dem Thema «Corporate Resilience and AI – Widerstandsfähigkeit im KI-Zeitalter». Verfolgt wurde das Ziel, die Frage der Resilienz in der Unternehmensführung und -infrastruktur unter Einbezug der Dimensionen und Wechselwirkungen von Gesellschaft, Organisationen (Staat, Unternehmen), Team, Menschen und Technologie zu betrachten und zu beleuchten. In Keynotes und Interviews erörterten Walter Thurnherr, Jon Fanzun (Swico), Nadja Perroulaz (Liip AG), Marc Marthaler (ICT-Berufsbildung Schweiz), Matthias Stürmer (Berner Fachhochschule), Valérie Dittli (Regierungsrätin Kanton Waadt) und Hannes Scheidegger (Info-Tech Research Group) ihre Perspektiven, Erfahrungen und Erkenntnisse. Vor allem der ehemalige Bundeskanzler («der 8. Bundesrat») Walter Thurnherr warnte scharfsinnig vor den Risiken und Nebenwirkungen der KI. Er zog dabei Vergleiche zu anderen Technologien, die in der Vergangenheit zunächst für Euphorie gesorgt haben, danach aber eine Unmenge neuer Probleme geschaffen haben. «KI-Resilienz beginnt mit umsichtigem Nachdenken, Szenarien und sinnvollen Regulierungen», so Thurnherr.

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