Gesund investiert

Lernende auszubilden ist für Unternehmen eine der besten Optionen, dem Fachkräftemangel mit Nachwuchs aus den eigenen Reihen vorzubeugen. Eine sinnvolle Investition in die Zukunft, für die es sich lohnt, auch die Gesundheit der Berufseinsteigerinnen und -einsteiger gezielt zu fördern. BGM kann dafür z.B. durch Reduktion von Absenzen und Erhalt der Produktivität von Lernenden einen wertvollen Beitrag leisten.

Für gesunde Lernende: Gesundheitsförderung Schweiz hat ein umfassendes Angebot zur wirksamen Förderung von Lernenden im Bereich psychischer Gesundheit entwickelt.
Bild: DEPOSITPHOTOS.COM

Unternehmen, die über ein systematisches Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) verfügen, haben Vorteile, wenn es um die gesundheitsförderliche Führung von Lernenden geht. Das gilt auch für die Hörmann Schweiz AG. Der Devise «Eine gesunde Unternehmung braucht gesunde Mitarbeitende» folgend, begann das Unternehmen im Jahr 2013 mit dem Aufbau eines systematischen BGM. Zwei Jahre später erfolgte die Zertifizierung mit dem Label «Friendly Work Space». Nach erfolgreichen Re-Assessments 2018 und 2021 ist die Hörmann Schweiz AG nun seit bald 7 Jahren stolze Trägerin des Labels «Friendly Work Space» von Gesundheitsförderung Schweiz.

Gesunde Mitarbeitende und Lernende – eine Frage der Kultur

Systematisches betriebliches Gesundheitsmanagement ist in der Kultur des europaweit führenden Anbieters von Türen und Toren längst fest verankert. Die rund 160 Mitarbeitenden der Hörmann Schweiz AG, zu denen pro Jahr durchschnittlich insgesamt etwa 10 Lernende in den Bereichen Logistik und KV zählen, profitieren von breit aufgestellten BGM-Massnahmen. Diese sind ebenso auf die Förderung der körperlichen wie der psychischen Gesundheit ausgerichtet. Das Spektrum reicht beispielsweise von monatlich angebotenen Chair-Massagen, einem firmeneigenen Ruheraum, Brainfood- und Bike-to-work-Aktionen bis zu einem BGM-Briefkasten, über den Mitarbeitende anonym die interne BGM-Gruppe kontaktieren können. Zudem bietet Hörmann seinen Mitarbeitenden bei psychischen Beresp. Überlastungen die Möglichkeit, sich für Beratung und Unterstützung anonym an einen externen Kooperationspartner zu wenden. Damit solche Fälle die Ausnahme bleiben, informiert und sensibilisiert der Betrieb seine Führungskräfte in regelmässigen Weiterbildungen zur Früherkennung von erhöhten psychischen Belastungen der Mitarbeitenden. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den Lernenden. Der Pegel der psychischen Belastungen hat sich bei ihnen bereits vor der Pandemie deutlich erhöht.

Herausforderungen gemeinsam meistern

Zum Hintergrund: Junge Menschen durchlaufen in der Phase des Erwachsenwerdens per se intensive Entwicklungsschritte in nahezu allen Lebensbereichen. Der Berufseinstieg bedeutet zusätzliches Neuland. Beides zusammen bringt erhöhte Belastungen für die psychische Gesundheit in dieser Altersgruppe mit sich. Laut dem Job-Stress-Index 2020 von Gesundheitsförderung Schweiz (s. Grafik) haben 42% der jungen Erwerbstätigen zwischen 16 und 24 Jahren zu wenig Ressourcen, um den Anforderungen am Arbeitsplatz gerecht zu werden, 30% sind emotional erschöpft und ihr Berufsunfallrisiko ist doppelt so hoch. Die wirtschaftliche Konsequenz sind gesundheitsbedingte Produktivitätsverluste in dieser Altersgruppe von gut 21% 1).

Die Auswirkungen dieser Entwicklung beobachtet auch Nadine Zürcher, HR-Fachfrau sowie BGM- und Berufsbildungsverantwortliche bei der Hörmann Schweiz AG: «Wir stellen schon seit längerer Zeit immer wieder deutliche Stimmungsschwankungen, plötzlich nachlassende Motivation oder Leistungsabfall und erhöhte Absenzen bei unseren Lernenden fest. Es sind zwar Einzelfälle, doch insgesamt hat deren Anzahl zugenommen. Unsere Praxisbildnerinnen und Praxisbildner sind daher sehr achtsam im Umgang mit den Lernenden und führen regelmässig persönliche Gespräche durch, um erste Anzeichen erhöhter psychischer Belastungen frühzeitig zu erkennen. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe, da die Ansprache psychischer Themen viel Feingefühl erfordert. Gleichzeitig ist der Dialog eine der wirksamsten Präventionsmassnahmen.»
Das bestätigt auch Monika Monhart, Berufsbildungsverantwortliche des Alterszentrums am Buechberg. Dort wird ebenfalls grosser Wert gelegt darauf, kontinuierlich mit den jungen Erwerbstätigen im Gespräch zu sein, um z.B. Krisen aufgrund von Stress frühzeitig aufzufangen.

Steigender Bedarf an Unterstützungsangeboten

Dieser Einblick in die Praxis sowie die genannten Zahlen weisen deutlich auf die Dringlichkeit einer spezifischen Förderung der psychischen Gesundheit von Lernenden hin. Gleichzeitig erhöhen sich damit die Anforderungen an Berufsbildungsverantwortliche. Gezielte Unterstützungsangebote zur gesundheitsförderlichen Führung von jungen Erwerbstätigen sind daher willkommen. Eine gute Anlaufstelle dafür sind beispielsweise Branchenverbände, der Berufsbildnerverband oder das Angebot «Apprentice» von Gesundheitsförderung Schweiz, das auf die gezielte Förderung der psychischen Gesundheit von Lernenden fokussiert.

Anteile der Erwerbstätigen mit mehr Belastungen als Ressourcen
Quellen: Job-Stress-Index-Monitoring 2014, 2016, 2018, 2020

«Schwierige Situationen mit Lernenden sind für uns Berufsbildungsverantwortliche oft eine Herausforderung. Die richtige Lösung liegt auch bei viel Erfahrung nicht immer gleich auf der Hand. Das Angebot ‘Apprentice’ mit seinem umfassenden Informationsmaterial, hohem Praxisbezug durch vielfältige Good Practice Beispiele sowie Weiterbildungen bietet da fundierte Unterstützung und wird bei uns aktiv genutzt. Zudem ist es schnell und jederzeit verfügbar, nicht zuletzt dank der ‹Experts App› für Berufsbildende», erläutert Nadine Zürcher.

Und so gelingt gesundheitsförderliche Führung von Lernenden. Entscheidend sind dabei im Wesentlichen drei Dimensionen2):

  1. Selbststeuerung: Die Berufsbildnerinnen und -bildner fördern ihre eigene Gesundheit. Sie sind Vorbilder.
  2. Kontakt mit Lernenden: Die Berufsbildnerinnen und -bildner fördern die Gesundheit der Lernenden im direkten, kommunikativen Austausch (verhaltensorientierte Perspektive).
  3. Gestaltung der Arbeitsbedingungen: Die Berufsbildnerinnen und -bildner gestalten die Aufgaben der Lernenden, ihre Ziele und ihr Arbeitsumfeld so, dass sie gesundheitsfördernd auf die Lernenden wirken (bedingungsbezogene oder verhältnisorientierte Perspektive).

Im Arbeitspapier 55 «Junge Erwerbstätige – Arbeitsbedingungen und Gesundheit» von Gesundheitsförderung Schweiz werden u.a. fundierte Grundlagenarbeiten sowie konkrete branchenübergreifende Präventionsangebote aufgezeigt (Download mit Suchbegriff «Arbeitspapier 55» unter: https://gesundheitsfoerderung.ch/grundlagen/publikationen/alle-publikationen.html).

Quellenverzeichnis:

1) Quelle: Gesundheitsförderung Schweiz – Job-Stress-Index-Monitoring 2018 gemäss Galliker et al. 2018b

2) Quelle: Franke, Vincent & Felfe, 2011

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