Fachkräftemangel: Unternehmen fürchten Zunahme von Personalausfällen

Der Mangel an Fachkräften führt längerfristig zu einer Zunahme von Personalausfällen. Dies befürchten gemäss einer europaweiten Umfrage auch viele Schweizer Unternehmen. Und jedes zweite Schweizer Unternehmen schätzt die negativen Auswirkungen des Personalmangels auf den Geschäftserfolg als hoch ein.

Der Fachkräftemangel hat in ganz Europa Einfluss auf den Geschäftserfolg von Unternehmen. Befürchtet wird auch eine Zunahme von Personalausfällen. (Grafik: Visable)

Der Fachkräftemangel dauert an. Dies zeigen neben dem kürzlich veröffentlichten Fachkräftemangel Index Schweiz auch die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov. Diese wurde im Auftrag des B2B-Plattformbetreibers Visable im Zeitraum vom 19. bis 25. September durchgeführt. In der Schweiz wurden 135 Personalentscheider und Mitglieder des Senior Managements befragt, in Österreich 226, in Deutschland 600 und in Frankreich 526.

Fachkräftemangel betrifft ganz Europa

Die Ergebnisse verdeutlichen die dramatischen Auswirkungen des Fachkräftemangels. So gibt rund die Hälfte der Befragten (49 Prozent) an, dass das Fehlen von geeignetem Personal bereits „eher starke“ oder sogar „sehr starke negative Auswirkungen“ auf den Geschäftserfolg habe. Nur 15 Prozent der Unternehmen verzeichnen keine negativen Auswirkungen. Die negativen Auswirkungen sind in Deutschland, Frankreich und Österreich genauso gravierend wie in der Schweiz. Im Durchschnitt aller Länder schätzt jeder zweite Befragte (51 Prozent) die Auswirkungen als „eher stark“ oder sogar „sehr stark“ ein, in Österreich geben sogar fast 6 von 10 Befragten diese Einschätzung ab (58 Prozent). Über alle Länder hinweg sehen die Entscheider die Zukunft düster: Jeder Zweite (48 Prozent) geht von einer Verschlechterung der Situation aus, gerade einmal 6 Prozent haben Hoffnung auf eine Verbesserung. Der Fachkräftemangel scheint also ein gesamteuropäisches Problem zu sein und belastet die Entwicklung des Wirtschaftsraums.

Zunahme von Personalausfällen durch Fachkräftemangel

Eine der stärksten Auswirkungen des Fachkräftemangels ist laut der Schweizer Befragten eine deutliche Mehrbelastung der Belegschaft (32 Prozent). Mehr als jeder vierte Befragte gibt zudem an, dass es durch den Fachkräftemangel zu mehr Personalausfällen und Krankmeldungen kommt (27 Prozent) – insgesamt äusserst unruhige Zeiten für Personaler und herausfordernde Zeiten für Angestellte. Die am häufigsten geäusserte Befürchtung unter Schweizer Firmen ist der Verlust von Know-how und Qualität durch fehlende Fachkräfte. Fast 4 von 10 Befragten gaben diese Antwort (39 Prozent). Der Mangel macht sich auch schon deutlich in erhöhten Personalkosten bemerkbar (28 Prozent). Besonders bedenklich für die Zukunft: Jedes vierte Unternehmen (26%) tut sich aufgrund des Mangels an geeigneten Kandidaten schwerer mit der Nachfolgeplanung.

Abwanderungswelle wegen Fachkräftemangel?

Wie dramatisch die Situation empfunden wird, zeigt auch die folgende Zahl: Etwa jedes siebte Unternehmen (15 Prozent) erwägt bereits, zumindest teilweise ins Ausland abzuwandern. Würden diese Pläne überall in die Tat umgesetzt, beträfe das in der Schweiz hochgerechnet viele tausend Firmen. Eine Abwanderungswelle droht also in den nächsten Jahren. Und das obwohl viele Unternehmen in Anbetracht der kritischen Situation bereits eine breite Palette an Massnahmen nutzen, um die negativen Auswirkungen des Fachkräftemangels abzufedern. Hier unterscheidet sich die Herangehensweise in der Schweiz merklich von den anderen Ländern in der Umfrage. In allen anderen Märkten ist der Ausbau des eigenen Recruitings die beliebteste Massnahme und wird im Schnitt von jedem dritten Befragten dort genannt (34 Prozent). In der Schweiz setzt nur jeder Fünfte (21 Prozent) auf die eigene aktive Suche nach geeigneten Mitarbeitern, dafür suchen Schweizer Firmen ihr Heil vor allem im Outsourcing von Massnahmen (26 Prozent).

Digitalisierung als Reaktion auf Arbeitskräftemangel

Ein weiterer Hoffnungsträger ist die Digitalisierung. Beim Einsatz von KI als Reaktion auf den Fachkräftemangel liegt die Schweiz an der Spitze der untersuchten Märkte: Bereits 21 Prozent nennen diese Massnahme. Im Schnitt aller anderen Länder sind es nur 16 Prozent, in Österreich sogar nur 11 Prozent. Ebenso setzt jedes fünfte Unternehmen in der Eidgenossenschaft auf Digitalisierung und Automatisierung (21 Prozent) zur Bekämpfung der negativen Auswirkungen des Mangels an qualifiziertem Personal. Interne Kompetenz- und Wissenstransferprogramme sind mit 25 Prozente ebenfalls sehr beliebt.

 Mit besseren Vertragskonditionen will jedes vierte Unternehmen Fachkräfte anlocken, darunter geben 23 Prozent Zahlungen überdurchschnittlicher Branchengehälter und 25 Prozent das Angebot flexibler Beschäftigungsmodelle wie der 4-Tage-Woche an. Das Schweizer Unternehmertum reagiert also aktiv und kreativ auf die Herausforderungen des Personal- und Fachkräftemangels.

Forderungen an die Politik 

Schweizer KMU sehen sich im anhaltenden Fachkräftemangel mit hohem Verwaltungsaufwand und administrativen Hürden konfrontiert: Jedes vierte Unternehmen fordert dringend einen Bürokratieabbau von der Politik (24 Prozent). Ausserdem stark gewünscht werden familien- und sozialpolitische Massnahmen, etwa zu Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie (25 Prozent). Nur ein geringer Anteil der Befragten plädiert dagegen für traditionell wirtschaftsliberale Massnahmen wie flexible Kündigungs- und Wiedereinstellungsregelungen (14 Prozent) und eine Heraufsetzung des Renteneintrittsalters (9 Prozent). Der Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland steht auch eher weniger im Fokus. Nur 11 Prozent der Befragten wollen eine verstärkte Förderung qualifizierter Einwanderung.

Quelle: Visable

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