„Unbeliebte“ Lehrberufe: Image-Offensiven von Branchenverbänden zahlen sich aus

Berufe wie Fleischfachmann oder Milchtechnologen haben es schwer, Nachwuchs zu finden. Dass das Image von Fleisch- und Milchkonsum durch die Vielzahl neuer Ernährungs- und Diättrends leidet, kommt erschwerend hinzu. Doch Branchenverbände geben Gegensteuer und setzen auf Image-Kampagnen, so etwa auch der Schweizerische Milchwirtschaftliche Verein SMV.

Von wegen „unbeliebte Lehrberufe“: Marcel Züger, Felix Tschirky, Lucas Züger, Diana Niggli, Walter Räss, Jennifer Meier und Stefan Gasser beweisen, dass der Beruf des Milchtechnologen nach wie vor Zukunft hat. (Foto: Pressedienst SMV)

Nach den Sommerferien werden wieder Tausende von Schulabgänger ihre berufliche Grundbildung starten. Noch konnten nicht alle Ausbildungsbetriebe ihre Lehrstellen erfolgreich besetzen. Schwer haben es Lehrberufe insbesondere in Branchen, in denen noch viel Handwerk gefragt ist. In der aktuellen Print-Ausgabe des ORGANISATOR berichten wir über „beliebte“ und „weniger beliebte“ Lehrberufe und über Massnahmen, mit denen Branchenverbände für berufliche Karrieren in Handwerk und Gewerbe werben.

Kampagne für Lehrberufe in der Milchwirtschaft

Ebenfalls um beruflichen Nachwuchs kämpfen muss die Schweizer Milchwirtschaft. Sie hat deshalb in den vergangenen zwei Jahren ihre Anstrengungen für die Nachwuchswerbung in den Berufen Milchtechnologe/in und Milchpraktiker/in deutlich verstärkt. So ist nicht nur der gesamte Auftritt mit Logo, Website, Social Media und Berufsmessen neu. Immer mehr werden auch die Produkte als Werbeträger für den Beruf eingesetzt. Nachdem bereits im November 2016 das Schwyzer Milchhuus und Migros 100’000 Milchflaschen mit Nachwuchswerbung ausgerüstet haben, hat im Herbst 2017 die grösste Schweizer Milchverarbeiterin Emmi ihre Milchverpackungen mit einer Werbefläche für den Beruf des Milchtechnologen ausgerüstet. 1,8 Mio. Verpackungen kamen so in den Handel und motivierten zu „Mix Natur mit Technik und etwas Magie“. Die Werbung verwies auf einen Online-Wettbewerb: Wer hier ein paar Fragen beantwortete, konnte mit etwas Glück ein Schweizer Käsemesser von Victorinox gewinnen.

Junge Menschen in ihrem Alltag „abholen“

Hinter der Aktion steht der Gedanke, dass „die wichtigsten Berufsentscheidungen von Jugendlichen im persönlichen Umfeld getroffen werden, wie eine Berufswahlstudie unter 1’000 Personen gezeigt hat,“ erklärt Hans Aschwanden, Präsident des Schweizerischen Milchwirtschaftlichen Vereins, der die Nachwuchsförderung in der Milchwirtschaft für 500 Käsereien und 20 Industriebetriebe leitet. „Wenn Eltern und Jugendliche sich über die Produkte mit dem Beruf Milchtechnologe/in auseinandersetzen, so stellen sie den Bezug zum Genuss her, den sie oft täglich erfahren – ob sie nun Milch, Käse, Joghurt, Glace, Milch-Shake oder Caffè Latte konsumieren.“

Die Kampagne schien Wirkung zu zeigen: Nach kurzer Zeit konnten gemäss Angaben des Verbands acht Prozent mehr neue Lernende verzeichnet werden. Doch Präsident Hans Aschwanden ist sich bewusst, dass es einen langen Atem braucht für einen nachhaltige Wirkung. „Wir haben das ambitiöse Ziel von 500 Lernenden gesetzt. Es ist uns jedoch bewusst, dass dem die demographische Entwicklung zuwider läuft. Immer mehr Branchen müssen einen Verlust von 20% bis 40% weniger Lernenden hinnehmen, obwohl immer mehr Geld in die Nachwuchswerbung investiert wird. Umso mehr freut es uns, dass in der Milchwirtschaft die vereinten Anstrengungen der Käsereien und der Industrie erste Früchte tragen und wir einen Aufwärtstrend beobachten.“

Digitalisierung erfasst auch milchwirtschaftliche Lehrberufe

Und man kann es durchaus weit bringen als ausgebildeter Milchtechnologe. Etwa Isidor Lauber. Der Standortleiter bei Emmi Ostermundigen begann vor 30 Jahren bei Emmi als Molkereimeister und führt seit 2003 den Standort Ostermundigen mit 600 Mitarbeitenden und 35 Lernenden. Und erst kürzlich haben 24 junge Nachwuchstalente aus den Kantonen St. Gallen, Zürich, Thurgau, Schaffhausen, Appenzell-Ausserrhoden und Graubünden an der dritten Ostschweizer Berufsmeisterschaft der Milchtechnologen am BZWU in Flawil bewiesen, dass sie aus Milch Genuss produzieren können. Auf die Siegerposten haben es zum ersten Mal zwei weibliche Lernende geschafft. Sie zeigen, dass in Käsereien und milchwirtschaftlichen Industriebetrieben Frauen genauso gute Leistungen erbringen wie die männlichen Kollegen. Dank der zunehmenden Digitalisierung kommt es immer weniger auf Körperkraft als auf Motivation, präzises Arbeiten und Kenntnisse in der Mikrobiologie und Chemie an.

Weitere Informationen: www.milchtechnologe.ch

 

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