Abberufung von Topmanagern: Wenn Chefs ihren Job verlieren

Die Abberufung von Topmanagern ist nichts Aussergewöhnliches mehr, denn auch hochbezahlte Spitzenkräfte sind nicht gegen den Verlust ihrer Position gefeit. Mal verlangen Investoren einen Strategiewechsel, mal passen Unternehmenskultur und Persönlichkeit doch nicht so gut zusammen wie gehofft.

Wenn Chefs entlassen werden: Die Abberufung von Topmanagern geht nicht spurlos an ihnen vorbei. Mit der Beachtung von ein paar Tipps finden entlassene Chefs sich mit der neuen Situation besser zurecht. (Bild: Depositphotos.com)

Bei börsennotierten Unternehmen wird die Abberufung von Topmanagern häufig als Adhoc-Mitteilung veröffentlicht: Einschlägige Medien spekulieren dann über Hintergründe, Ziele und Sinnhaftigkeit der Maßnahme. Sehr viel seltener wird thematisiert, was eine solche Abberufung für einen Topmanager bedeutet und wie Unternehmen ihre Führungskräfte im Trennungsprozess effektiv unterstützen können.

Denn genau das sollten sie – und zwar sowohl aus Verantwortungsbewusstsein den ausgeschiedenen Führungskräften gegenüber als auch im eigenen Interesse. Ein zäher Trennungsstreit kann schließlich teuer und langwierig werden und am Ende schadet er allen Beteiligten – den Betroffenen und dem Unternehmen. Es lohnt sich also gerade bei Spitzenkräften, seiner unternehmerischen Verantwortung und Fürsorgepflicht auch nach einer Abberufung zu entsprechen.

Erst der Anwalt, dann der Schock

Egal ob sich das Unternehmen neu ausrichtet oder ob ein unliebsamer interner Konkurrent die Entscheider auf seine Seite gezogen hat: Eine unerwartete Abberufung wird von den meisten Betroffenen als große Ungerechtigkeit empfunden. Wenig überraschend ist daher, dass sie zuallererst ihren Anwalt kontaktieren. Und das ist gut so, denn eine genaue Prüfung der vertraglichen Vereinbarungen und der aktuellen Situation ist in einer solchen Lage unabdingbar. Darüber hinaus kann ein kompetenter Arbeitsrechtler die Aufhebungsbedingungen noch optimieren und sinnvolle Zusatzleistungen einfordern. Dazu kann zum Beispiel eine kompetente Topmanagement-Outplacementbegleitung gehören, die dem Betroffenen in dieser schwierigen Phase mit Rat, intelligenten Strategien und hervorragenden Kontakten zur Seite steht. Ein solches Angebot kann natürlich auch vom verantwortungsbewussten Unternehmen selbst kommen.

Wirtschaftliche Sorgen auf höchstem Niveau

Natürlich bekommen Spitzenkräfte auch Spitzengehälter. Ein Topmanager wird daher – auch dank in der Regel großzügiger Abfindungen – sicher nicht gleich im Armenhaus landen. Ein gewisses Unwohlsein stellt sich aber auch auf diesem Einkommensniveau ein, wenn die regelmäßigen Zahlungen ausbleiben. Denn parallel zum Gehaltszuwachs haben sich häufig auch der persönliche Lebensstil und die zu erfüllenden Verpflichtungen entwickelt. Diese Gewohnheiten und Verbindlichkeiten lassen sich nicht ohne Weiteres vermindern. Deshalb bleiben Topverdiener auch in finanzieller Hinsicht selten unbeeindruckt vom Verlust ihrer hochdotierten Position.

Plötzlich Stille

Viel schlimmer sind aber oft die psychologischen Auswirkungen: Gerade noch gebraucht, hochgeachtet und hofiert, bedeutet eine Abberufung von Topmanagern für sie weit mehr als nur einen Jobverlust. Oft reicht die Erschütterung bis weit in das Privatleben hinein und rüttelt an den Grundfesten der Persönlichkeit. Denn gerade leistungs- und karriereorientierte Persönlichkeiten können mit einem plötzlichen Bedeutungsverlust besonders schlecht umgehen. Auch Freunde und Familie reagieren häufig irritiert, wenn der bis dato beruflich extrem eingespannte Erfolgsmensch seine Tage plötzlich damit verbringt, niedergeschlagen auf Anrufe zu warten. Manchmal verfallen abberufene Topkräfte regelrecht in Lethargie. Das hat auch damit zu tun, dass sie häufig keine Erfahrung mit solchen Rückschlägen haben, denn ihre Karriere verlief bis dahin verlässlich steil nach oben.

Bloß kein blinder Aktionismus!

Doch Vorsicht: Auch vermeintlich sinnvolle Initiativen, mit denen Betroffene versuchen, ihr Schicksal – wie sie es gewohnt sind – selbst in die Hand zu nehmen, können äußerst kontraproduktiv wirken. So glauben zum Beispiel viele Top-Kräfte, dass es ihnen dank ihres guten Netzwerks und ihrer hervorragenden Qualifikation ein Leichtes sein wird, eigenständig einen neuen Job zu finden. Folgerichtig greifen sie zum Telefon, rufen ihre wertvollen Kontakte an und berichten – noch unter dem starken Eindruck des Erlebten – über die Abberufung. Nicht selten wird dabei auch ein bisschen gejammert und schmutzige Wäsche gewaschen. Zielführend sind solche Gespräche leider nicht, denn weder Neugier noch Solidarität oder Mitleid sind Motive, um jemandem eine neue verantwortungsvolle Aufgabe in der obersten Führungsetage anzuvertrauen.

Eine neue und gute Legende muss her

Ein erfahrener und qualifizierte Berater weiß, wie wichtig es in einer solchen Situation ist, die erlittene Niederlage in eine Erfolgsstory zu verwandeln. Er unterstützt seine Klienten dabei, eine neue, positive und spannende Legende zu entwickeln, die ihre Attraktivität und Kompetenz für neue Führungsaufgaben glaubhaft untermauert. Und hierbei geht es nicht einfach darum, eine Geschichte zu erfinden. Vielmehr ist es wichtig, den Betroffenen umfassend zu begleiten, seine Persönlichkeit ganzheitlich wieder in die Balance zu bringen und gemeinsam mit ihm, eine neue, nach vorn gerichtete Karrierestrategie zu entwickeln.

Kein Fall für die Bewerbungsmappe

Spannende Spitzenpositionen in attraktiven Unternehmen werden nicht auf Stepstone inseriert und eine konventionelle Bewerbung hilft hier auch nicht weiter. Wichtig ist deshalb eine Kombination aus systematischem Job-Hunting und Empfehlungsmarketing. Ziel ist es, eine Spitzenkraft in eine passende neue Position zu transportieren. Damit das gelingt, sollte ein Berater über ein hervorragendes Netzwerk und ein sehr gutes Ansehen in den Topetagen der Wirtschaft verfügen. So kann er Aussichts- oder Beiratsmitglieder auf seinen Klienten aufmerksam machen und die „Werbetrommel“ ebenso geräuschlos wie effizient in Aktion setzen. Wie wirksam dieses Vorgehen ist, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Topmanager ohne begleitende Beratung durchschnittlich 9 bis 12 Monate ohne Job sind, dagegen mit entsprechender Unterstützung schon nach 3 bis 6 Monaten eine neue Position gefunden haben. Im Idealfall endet eine solche Beratung erst dann, wenn auch das Onboarding erfolgreich abgeschlossen wurde.

Fazit: Abberufung von Topmanagern geht nicht spurlos an ihnen vorüber

Wenn Topmanager unerwartet abberufen werden, bricht für sie nicht selten eine ganze Welt zusammen. Der Verlust des Jobs geht mit Gefühlen von Bedeutungsverlust, wirtschaftlichen Ängsten und Hilflosigkeit einher. Das kann sich nachhaltig auf die Persönlichkeit, aber auch auf die Beziehungen zu Partnern, Freunden und Familien auswirken. Unternehmen sind gut beraten, die Auswirkungen verständlicher Wut und Verzweiflung und langwierige juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden, indem sie Betroffene mit entsprechend konzipierten Beratungen dabei unterstützen, die Situation zu bewältigen und sehr schnell eine passfähige, neue Spitzen-Verantwortung zu finden.

 

Checkliste: Was man bei einer Abberufung von Topmanagern tun soll

Abberufene Topmanager stehen vor einer großen, neuen Herausforderung. Was sie in dieser schwierigen Situation tun sollten – und was es zu unterlassen gilt:

Das ist zu tun:

  • Verbündete und neue Kontakte finden: Interne und externe Netzwerke sollten stets gepflegt werden. Denn Verbündete im Unternehmen sehen den Wandel manchmal schon kommen, bevor der Topmanager etwas ahnt. Nach der Abberufung gilt es, neue Kontakte zu knüpfen, um das Ohr am Markt zu haben.
  • Finanziell absichern: Der Jobverlust reißt auch bei Spitzengehältern ein Loch in die Haushaltskasse. Deshalb gilt es vorzusorgen und die finanzielle Lage schon abzusichern, solange die Ressourcen noch da sind. In den Ausstiegsverhandlungen sollte zudem eine angemessene Abfindung im Mittelpunkt stehen.
  • Laufende Projekte abschließen: Was angefangen wurde, sollte auch zu Ende gebracht werden. Die Verabschiedung sollte gut organisiert werden, abberufene Topmanager sollten sich ihre verdiente Anerkennung „abholen“.
  • Neue Aktivitäten suchen: Zeit mit der Familie, Hobbys oder Engagement in Ehrenämtern, Vereinen oder Gremien geben Führungskräfte in der Zeit des Umbruchs eine sinnvolle Aufgabe.
  • Externe Ratgeber hinzuziehen: Professionelle Karriereberater unterstützen durch individuelles Coaching und bieten auch konkrete Hilfe im Bewerbungsprozess. Auch der Austausch mit anderen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, kann bei der Aufarbeitung helfen.

Das gilt es zu vermeiden:

  • Emotionale Kommunikation: Wut und verbale Tiefschläge nützen nichts – im Gegenteil. Wer auf den ehemaligen Arbeitgeber als glaubhafte Referenz zurückgreifen möchte, sollte seine Emotionen zügeln und professionell bleiben.
  • Mitleid erwecken: Aus Empathie wurde sicher noch niemand in eine Führungsposition erhoben. Im eigenen beruflichen Netzwerk also die Mitleidsschiene zu fahren, bringt abberufene Topmanager nicht weiter. Vielmehr gilt es, stark aus der Krise hervorzugehen.
  • Schuld sind immer die anderen: Für die Abberufung gibt es immer einen Grund. Der muss nicht unbedingt in der Unfähigkeit der Spitzenkraft liegen. Vielmehr kann sich auch das Unternehmen wandeln. Dennoch sollten abberufene Topmanager prüfen, wo sie vielleicht Fehler gemacht haben – und für die neue Position daraus lernen.
  • In Lethargie verfallen: Wer es gewohnt ist, die meiste Zeit des Tages auf der Arbeit gebraucht zu werden, fällt nach dem Jobverlust in ein tiefes Loch. Betroffene sollten aus diesem Zustand aber schnell herausfinden und hierzu auch Hilfe aus dem (persönlichen) Umfeld annehmen.
  • Blinder Aktionismus: Nach der Abberufung sollten sich Spitzenkräfte Zeit nehmen und nicht direkt selbst zum Telefonhörer greifen, um einen neuen Job zu finden. Der Sturm sollte sich erst legen, externe Unterstützung durch z.B. Karriereberater hinzugezogen werden.

 

Autor: 
Dr. Eckart Eller ist CEO der EL-NET Group. https://www.elnet.group/

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