Seminar: Nachfolgeregelung ganzheitlich betrachten

Die einen schieben sie lange vor sich her, die anderen nehmen sie planmässig in Angriff: Die Regelung der Nachfolge im Unternehmen. Wie auch immer: Eine Nachfolgeregelung ist ein Prozess, der ganzheitlich betrachtet werden muss – vorteilsweise mit externer Unterstützung. Doch wo holt man sich das dafür nötige Rüstzeug? Der Schweizer Dachverband für Unternehmensnachfolge (CHDU) und EXPERTSuisse bieten dazu ein Seminar an.

Für eine Nachfolgeregelung braucht es viele Gespräche, auch unter Beizug einer externen Beratung. (Bild: Depositphotos.com)

Die Regelung der Firmennachfolge geht in der Regel nicht ohne externe Unterstützung über die Bühne. Viele Treuhänder, Coaches, Unternehmensberater oder auch Juristen und Steuerberater bieten hierzu ihre Dienste an. Doch je nach Situation werden wichtige Aspekte bei der Abwicklung eines Nachfolgeprozesses zu wenig stark berücksichtigt, was sich unter Umständen nachteilig auswirken kann. Die Fachwelt ist sich deshalb inzwischen einig, dass es eine ganzheitliche Betrachtung der Nachfolgeregelung braucht, ein sog. «Big Picture». Diesen Anspruch verfolgt der kürzlich gegründete Schweizer Dachverband für Unternehmensnachfolge (CHDU). Er propagiert einen Ansatz, der die Firmennachfolge aus den Perspektiven «Familie», «Unternehmen» und «Kapital» betrachtet und hat darauf aufbauend einen siebenstufigen Prozess – etwa für den Firmenverkauf an einen Nachfolger – entwickelt.

Die Aspekte Familie, Unternehmen und Geld unter einen Hut bringen

Über häufige Stolpersteine bei einem Firmenverkauf zwecks Regelung der Nachfolge Bescheid weiss auch Hans Jürg Domenig von ANSATZ AG – Firmen-Nachfolge-Verkauf aus Thayngen. Auch er ist ein Verfechter der drei erwähnten Perspektiven. Am Anfang steht für ihn jeweils die Familie eines Unternehmers: «Wie kann das Unternehmen für die Familie eine Existenzgrundlage bieten?», das sei eine entscheidende Frage, so Domenig. Dann geht es natürlich auch um Fragen rund um die Vererbung, Beteiligungen der Familienmitglieder und darum, wer von der Familie im Betrieb arbeitet. Vor diesem Hintergrund gilt es, die passende Strategie zu entwickeln, wie Familie und Unternehmen unter einen Hut gebracht werden können. Erst da komme dann auch die Unternehmens-Perspektive ins Spiel mit Vision, Mission und Strategie. Der dritte Faktor «Geld» wiederum sei in erster Linie ein technisches Thema, das sich in mathematischen Grössen darstellen lässt. Dieses Thema sollte gemäss Hans Jürg Domenig erst nach der Klärung der Familien- und Unternehmensstrategie angesprochen werden.

(Grafik: CHDU)

Rüstzeug für erfolgreiche KMU-Nachfolge

Zusammen mit EXPERTSuisse, dem Fachverband für Treuhänder und Wirtschaftsprüfer, bietet nun der CHDU an zwei Terminen ein Ganztages-Seminar mit dem Titel «Big Picture erfolgreicher KMU-Nachfolge» an. Es richtet sich an Nachfolgeberater/-innen, Treuhänder/-innen, Wirtschaftsprüfer/-innen, Steuerberater/-innen, Unternehmensberater/-innen, Coaches, Organisationsberater/-innen sowie weitere Fachleute und Quereinsteiger/-innen auf dem Gebiet der Unternehmensnachfolgeplanung. Dieses Seminar ist als Vorstufe gedacht für einen Zertifikatslehrgang zum Nachfolgeberater/-in oder Nachfolgeexpert/-in.

Weitere Informationen: www.chdu.ch / www.expertsuisse.ch/nachfolge

 

Nachfolge-Experte Hans Jürg Domenig im Gespräch

Hans Jürg Domenig begleitet seit 25 Jahren über 300 Firmenverkäufer, Nachfolger, Firmengründer, Start-ups und Franchisegründer auf dem Weg zu ihrem Erfolg. Er ist Gründungsmitglied und im Vorstand des Schweizer Dachverbands für Unternehmensnachfolge CHDU.

Hans Jürg Domenig begleitet Unternehmerinnen und Unternehmer bei ihrer Nachfolgeregelung. (Bild: zVg)

Herr Domenig, inwiefern lässt sich Unternehmensnachfolge «lernen»? Gerade für Unternehmer ist ja die Nachfolge ein einmaliger Vorgang.
Hans Jürg Domenig: Lernen im engeren Sinne lässt sich Nachfolge nicht, aber man kann viel von den Erfahrungen anderer profitieren. Dass Nachfolge ein einmaliger Vorgang ist, stimmt nur bedingt: Häufig scheitert eine erste Nachfolge und man muss einen zweiten Anlauf nehmen, indem man aus den gemachten Erfahrungen lernt.

Das Seminar «Big Picture erfolgreicher KMU-Nachfolge» richtet sich gemäss Ausschreibung in erster Linie an Personen, welche Unternehmen im Nachfolgeprozess begleiten. Wo besteht für diese Zielgruppe der grösste Lernbedarf?
Es wird für sie darum gehen müssen, verschiedene Perspektiven einnehmen zu können. Denn bei einer Firmennachfolge geht es um eine grosse Menge von Themen, zu denen z.B. Treuhänder, Juristen, Coaches usw. unterschiedliches Know-How einbringen. Dieses Know-How gilt es nun, zu einem ganzheitlichen Ansatz zusammenzubringen. Unser Seminar soll deshalb zeigen, wie man mit einer klaren Struktur den Nachfolgeprozess starten kann. Wir wollen die Ganzheitlichkeit des Nachfolgethemas ins Zentrum stellen und den Prozess, der aus sieben Schritten besteht, beleuchten. Ein geplanter Zertifikatslehrgang soll dann diese einzelnen Schritte in 15 Ausbildungstagen vertiefen.

Ich schliesse daraus: Das Thema Nachfolge wurde bisher «falsch» behandelt?
Es kommt in der Tat vor, dass viele Themen zu wenig stark gewichtet oder gar ganz weggelassen werden. Z.B. wird zu früh nur über Geld gesprochen, oder es geht nur um familiäre oder unternehmerische Aspekte, aber eben zu wenig um eine ganzheitliche Bearbeitung des Themas.

Welche Erfahrungen machen Sie persönlich mit Ihren eigenen Nachfolgeberatungen?
Als Berater darf man nicht zu forsch in den Prozess reingehen. Behutsames Vorgehen ist wichtig, und in jeder Firma sind die Voraussetzungen andere: Ich habe schon Unternehmer erlebt, die erst im Alter von 80 Jahren sagten, «ich sollte mal an meine Nachfolge denken». Besonders wichtig: Es geht immer um Emotionen, und zwar auf beiden Seiten, dem Käufer und dem Verkäufer eines Unternehmens. Ich kann inzwischen recht genau voraussagen, wann ein Unternehmer seine ersten schlaflosen Nächte haben wird. Oder ein Käufer bekommt plötzlich Angst vor dem Risiko. Da gilt es die ganze Erfahrung als Berater in die Waagschale zu werfen, aber auch der Verkäufer kann viel bewirken, indem er von seinen Erfahrungen erzählt. Mit der Zeit spürt man, welche Gedanken hinter jeder Aussage stehen. Dann kann man entsprechend Einfluss nehmen.

In einem Nachfolgeprozess muss man viel von sich preisgeben. Oft eine Hemmschwelle für Unternehmer resp. Inhaber?
Ja. Unternehmer möchten vieles zunächst einmal geheim halten, um bei Kunden und Lieferanten keine Irritationen auszulösen. Es ist deshalb ein Höchstmass an Diskretion notwendig. Umso grösser ist der Bedarf an Nachfolgeberatern, die genau diese Diskretion gewährleisten können. Denn wie Sie richtig sehen: Die Nachfolgeberatung stösst in sehr intime und emotional befrachtete Bereiche vor. Und da muss zwischen Unternehmer und Berater zuerst eine grosse Vertrauensbasis hergestellt werden.

Es heisst, die Nachfolgeregelung beginnt eigentlich schon bei der Unternehmensgründung. Wie lautet da Ihre Einstellung?
Es ist sicher nicht verkehrt und nicht zu früh, mit 50 an die Firmennachfolge zu denken. In diesem Alter sollte man beginnen, als Unternehmer über blosse Konsolidierung und Steueroptimierung hinaus zu denken. Denn es gibt viele Themen, die ab diesem Zeitpunkt eine Rolle spielen können: Abspaltung von Unternehmensbereichen oder Immobilien, Aufbau einer Pensionskassenlösung, Reduktion der nicht betriebsnotwendigen Unternehmensteile und des Vermögens oder aber auch der Aufbau einer Geschäftsleitungsstruktur, bei der nicht die ganze Verantwortung auf den Schultern des Unternehmers lastet.

Wie ist nun das Interesse am neuen Seminar-Angebot und was ist weiterführend geplant?
Zunächst haben wir zwei Seminartermine ausgeschrieben, am 1. Dezember 2022 und am 1. Februar 2023. Wir rechnen mit 20 Teilnehmenden pro Seminar. Diese Teilnehmenden möchten wir natürlich motivieren, dann auch am CAS teilzunehmen, der ab 2023/2024 starten soll.

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